Impressionismus 1870-1900


Und plötzlich ist sie da, diese Lust, im Freien zu malen. Niemand weiss genau, was die Künstler aus den Ateliers trieb, so in den frühen 1860ern. War es die kürzliche Erfindung der >Tubenfarbe, die jetzt das Malen in der Natur zum Vergnügen machte?

 

Auguste Renoir sieht das so. «Erst die Farbtuben haben es uns ermöglicht, plein-air zu malen. Ohne sie hätte es weder einen Cézanne noch einen Manet gegeben, auch nicht den Impressionismus».

 

 

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John Singer Sargent (1856-1925).
Claude Monet painting by the Edge
of a Wood, 1885. Tate Britain, London.

 

 

Was wollten die Impressionisten eigentlich? Es ging ihnen um die Erfassung des Momentes, um das Festhalten einer gerade herrschenden Stimmung, eines flüchtigen Augenblickes. Da die Bilder im Freien gemalt werden (plein-air), muss es schnell gehen. Keine Zeit für eine detaillierte Ausführung.

 

Die Pinselstriche werden deshalb rasch und grob gesetzt. Die Kunst besteht darin, die Striche so zu setzen, dass sie aus der Distanz betrachtet zu einem feinen Bild verschmelzen. Und zwar zu einem, das die Natur abbildet, ohne «naturalistisch» zu sein.

 

 

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Alfred Sisley (1839-1899).
Boats on the Seine, 1877.
Courtauld Gallery London.

 

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Camille Pissarro (1830-1903).
Boulevard Montmartre at Night, 1897.
National Gallery London.

 

 

Der neue Stil hat es nicht leicht. Im 19. Jahrhundert regelt die Pariser Kunstakademie noch alles bis ins letzte Detail und schreibt den Künstlern vor, wie und was sie zu malen haben – um vom >Salon de Paris anerkannt zu werden.

 

Impressionistische Werke haben keine Chance, sie werden strikte abgelehnt. Schliesslich rebellieren die Künstler. Die Akademie, genauer: >Kaiser Napoleon III, kommt ihnen entgegen und richtet 1863 den >Salon des Refusés ein, eine Ausstellung für nicht-akademische Werke. Nun bekommen auch neue Stile ihre Chance, vom Publikum beachtet zu werden.

 

 

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Pierre-Auguste Renoir (1841-1919).
Bal du moulin de la Galette, 1876.

Musée d'Orsay Paris.

 

 

Eine erste Impressionisten-Ausstellung findet 1874 statt. Allerdings nicht im Salon de Paris und auch nicht am Salon des Refusés, sondern in den Räumen des Pariser Schriftstellers und Fotografie-Pioniers Nadar.

 

Mit von der Partie sind neben Claude Monet auch Pierre-Auguste Renoir, Camille Pissarro, Alfred Sisley, Edgar Degas, Paul Cézanne, Berthe Morisot, Eugène Boudin und zwei Dutzend weitere Künstler. Publikum und Presse reagieren zwar noch immer kritisch, aber der Bann ist gebrochen, und von nun an setzt sich der Impressionismus unaufhaltsam durch.

 

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>Stilepochen im Überblick

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Claude Monet (1840-1926).

Soleil couchant sur la Seine à Lavacourt,
effet d'hiver, 1880. Petit Palais, Paris.

 

 

 

 

 

 

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Claude Monet (1840-1926). Parlament von London, 1904. Kunsthaus Zürich.

 

 

Zeitliche Einordnung Impressionismus

 

1300 - 1600 >Renaissance

1520 - 1600 >Spätrenaissance/Manierismus

1600 - 1750 >Barock

1730 - 1780 >Rokoko

1750 - 1820 >Klassizismus

1820 - 1850 >Romantik

1820 - 1880 >Realismus

1860 - 1900 >Symbolismus

1870 - 1900 Impressionismus

 

1900 - 1950 >Moderne Kunst ab 1900

 

 

>Stilepochen im Überblick

 

 

   

Impressionismus ca. 1870-1900

 

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Claude Monet (1840-1926).
Die Terrasse von Sainte-Adresse, 1867. Metropolitan Museum of Art, New York.

 

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Claude Monet (1840-1926). Le Havre, soleil levant, 1872. Musée Marmottan Monet, Paris.

 

 

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Claude Monet (1840-1926).
Le bassin aux nymphéas avec iris, 1914–1922. Kunsthaus Zürich.

 

 

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Claude Monet (1840-1926). La meule au soleil, 1891. Kunsthaus Zürich.

 

Claude Monet (1819-1877)

 

Monet ist die unbestrittene Nummer 1 unter den Impressionisten. Dabei ist ungewiss, ob er der erste war. Aber er gilt als Begründer dieses neuen Kunstbegriffs. Mit seinem Gemälde «Soleil levant, 1872» hat er ihn ins Leben gerufen. Es heisst, er habe das Bild in eine Ausstellung gegeben, und als man ihn nach dem Titel fragte, soll er geantwortet haben: «Impression».

 

Sein Werk «Terrasse de Sainte-Adresse» von 1867 zeigt erste Züge des Impressionismus. Aber es wird von den Kritikern niedergemacht, und Monet ist am Boden zerstört. Er soll sogar versucht haben, sich umzubringen.

 

Fünf Jahre später malt er das Bild «Le Havre, soleil levant, 1872». Dieses (heute weltberühmte) Werk weist nun sämtliche Qualitäten des reinen Impressionismus auf. Die Kritiker verhöhnen es zwar immer noch, aber mehr und mehr Künstler fühlen sich zu diesem neuen Stil hingezogen.

 

Sind Monets weltberühmte Seerosen auch impressionistisch? Vom Stil her ja. Nur fehlt ihnen ein Element des Impressionismus: Sie wurden nicht «plein-air», sondern im Atelier gemalt.

 

Nicht alles, was von Monet stammt, ist automatisch impressionistisch. Ein Beispiel: Seine «Meule» (Der Getreideschober) wirkt zwar auf den ersten Blick so, aber bei näherer Betrachtung stellt man fest, dass die unzähligen Farbtöne des Schattenwurfs extrem fein ausgearbeitet sind – was heisst: sie können nicht husch-husch im Freien gemalt worden sein, sondern sind aufwändig im Atelier entstanden.

 

PS: Monet malt eine ganze Serie solcher «meules». Ein Bild aus dieser Serie wurde 2019 bei einer Auktion bei Sotheby's für 111 Mio Dollar ersteigert.

 

 

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Pierre-Auguste Renoir (1841-1919). La Grenouillère, 1869. Nationalmuseum Stockholm.

 

 

 

Pierre-Auguste Renoir (1841-1910)

 

Man kann ihn nicht wirklich als Impressionisten bezeichnen, aber er hat impressionistische Phasen. Ein typisches Gemälde aus Renoirs Epoche des Impressionismus ist «La Grenouillère» aus dem Jahr 1869. Es zeigt, dass er die Idee dieser neuen Stilrichtung gut umzusetzen weiss: Schnell und grob gesetzte Pinselstriche, die aus der Distanz betrachtet zu einem Bild verschmelzen.

 

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Edouard Manet (1832-1883). At the Café, 1879. Walters Art Museum, Baltimore, Maryland.

 

 

Eduard Manet (1832-1883)

 

Er selbst will nicht als Impressionist bezeichnet werden und nimmt auch nie an solchen Ausstellungen teil. Sein Ziel ist vielmehr der offizielle >Salon de Paris – auch wenn er sich ständig darüber nervt, dass er dort immer wieder abgelehnt wird.

 

Manets Malstil lässt sich nur schwer einordnen. Manchmal weisen seine Werke naturalistische, mal realistische und mal impressionistische Züge auf.

 

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Paul Cézanne (1839-1906). Hillside in Provence, 1890-92. National Gallery London.

 

Paul Cézanne (1839-1906)

 

Ist er ein Impressionist? Eher nicht. Er malt in einem eigenen Stil, der aber gewisse Anleihen bei den «echten» Impressionisten macht. Diese zeigen die Stimmungen meist in zerfliessenden Farben – Cézannes Dinge und Figuren dagegen weisen Konturen auf.

 

1874 werden einige dieser Werke in der ersten Ausstellung der >Impressionistengruppe gezeigt (auf Wunsch von Camille Pissarro) – und fallen bei Publikum und Kritikern durch.

 

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Camille Pissarro (1830-1903). Dans le pré, 1893. Musée d'Art et d'Histoire, Neuchâtel.

 

Camille Pissarro (1830-1903)

 

Der aus der karibischen Antilleninsel St. Thomas stammende Maler ist einer der produktivsten Impressionisten – man findet seine Werke heute in fast allen Museen. 1869/70 arbeitet er eng mit seinen Malerkollegen Monet und Renoir zusammen. In seinen Gemälden finden sich auch häufig Menschen in der Landschaft. Später lernt er auch die Divisionisten >Seurat und >Signac kennen und befasst sich auch mit dem Pointillismus. Er ist auch bekannt für seine Stadtbilder.

 

 

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Max Liebermann (1847-1935). Das Kohlfeld, 1912. Albertinum Dresden.

 

Max Liebermann (1847-1935)

 

Er gilt als der bedeutendste Vertreter des deutschen Impressionismus. In der berühmten >Schule von Barbizon im Wald von Fontainebleau kommt er 1874 mit den Impressionisten in Kontakt. Die «plein-air»-Malerei fasziniert ihn, und langsam löst er sich von seinem bisherigen naturalistischen Stil. Die wenigen impressionistischen Bilder, die er in Paris malt, finden aber kein Echo.

 

 

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Fotos / Diashow Impressionismus

   

Der Neo-Impressionismus ab ca. 1880

 

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Georges Seurat (1859-1891). Young Woman powdering herself, 1888-90. Courtauld Gallery London.

 

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Georges Seurat (1859-1891).
Une baignade à Asnières, 1884. National Gallery London.

 

Georges Seurat (1859-1891)

 

Der Pariser beginnt seine Malerlaufbahn im klassischen Stil, befasst sich dann aber mit der Farbenlehre und entwickelt einen eigenen Stil, den man heute >Divsionismus oder Pointillismus nennt.

 

1879 besucht Seurat in Paris eine Ausstellung der Impressionisten, in der Monet, Degas und Pissarro zu sehen sind. Der eben in Mode gekommene neue Stil fasziniert ihn – nun wendet er sich diesem zu.

 

Am >Salon de Paris ist er damit aber nicht erfolgreich. Ein einziges Mal, 1883, akzeptiert die Jury eine Arbeit von ihm. Im Folgejahr verweigert man die Annahme eines Werkes, das heute zu seinen berühmtesten zählt: «Une baignade à Asnières», 1884.

 

Seurat und seine Malerkollegen nerven sich über die Entscheidungen der Salon-Jury und über die ständigen Ablehnungen der modernen Bilder. Sie organisieren sich in der «Société des Artistes Indépendants» und schaffen damit ihre eigene Ausstellung, den >Salon des Indépendants. Zu den Gründungsmitgliedern gehört neben Seurat auch Paul Signac.

 

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Paul Signac (1863-1935). Rotterdam, La Meuse, 1906. Kunsthaus Zürich.

 

Paul Signac (1863-1906)

 

Wie Seurat befasst sich Signac mit dem neuen Stil der Divisionisten. Als Seurat 1891 stirbt, wird  Signac der Kopf dieser neuen Stilrichtung, die man jetzt als >Pointillismus bezeichnet.

 

Die Punkte in Signacs Werken sind anfänglich so fein wie jene bei Seurat, doch werden sie ständig gröber, wie kleine Mosaike, und sind ab 1896 in den Gemälden gut von Auge auszumachen.

 

 

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Der Post-Impressionismus ab ca. 1890

 

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Paul Gauguin (1848-1903). Les Lavandières à Pont-Aven, 1886. Musée d'Orsay Paris.

 

Paul Gauguin (1848-1903)

 

Kunsthistoriker bezeichnen Gauguin als Post-Impressionisten. Dieser Begriff ist umstritten. Frühe Werke von Gauguin – wie dieses hier – zeigen aber tatsächlich impressionistische Züge. Seine berühmtesten Werke, jene aus der Südsee, haben damit aber nichts mehr gemeinsam. Man müsste also eher sagen: Gauguin hatte eine impressionistische Phase. Damit wird allerdings nicht erklärt, warum er ein Post-Impressionist sein soll.

 

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vangogh

Vincent van Gogh (1853-1890). The Sower, 1888. Van Gogh Museum Amsterdam.

 

Vincent van Gogh (1853-1890)

 

In den Gemälden van Goghs lässt sich durchaus etwas «Post-impressionistisches» erkennen. Sie bestehen weitgehend aus groben Strichen (also aus einer Art von >Divisionismus).

 

Dieses in Südfrankreich (Arles) gemalte Werk offenbart auch seine Neigung zu Abbildung von Bauern (sein Vorbild war ja >François Millet, der sich auf solche Bilder konzentrierte, allerdings in naturalistischem Stil). Van Goghs Sähmann im Sonnenlicht besteht dagegen aus groben Strichen und knalligen Farben.

 

 

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