Claude Lorrain (1600-1682)


Seine Spezialität sind erfundene und aus Einzelteilen komponierte Fantasielandschaften mit lyrisch-mythologischen und geschichtlichen Inhalten. Lorrain gilt als der Begründer dieses Genres.

 

 

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Portrait Claude Lorrain,
Bild WikiCommons.

 

 

Er kommt als Claude Gelée im nordfranzösischen Chamagne zur Welt und nennt sich Lorrain – in Anlehnung an seine Heimat Lothringen (französisch Lorraine). Wann genau er geboren ist, bleibt im Dunkeln. Um 1600, vielleicht auch 1604/1605, je nach Quelle. Als er Waise wird, zieht er zu seinem Bruder nach Freiburg im Breisgau. Dort arbeitet er zunächst als Pastetenbäcker.

 

Mit 13 Jahren zieht er nach Rom und beginnt dort eine Lehre bei Agostino Tassi, einem Maler, der auf Deckengemälde spezialisiert ist. Später soll er nach Neapel gezogen sein, zum flämischen Landschaftsmaler Gottfried Wals. 1625 kehrt er kurz nach Frankreich zurück. In Nancy arbeitet er an Fresken für eine Kirche.

 

Danach lockt wieder Rom, und dort bleibt er ab 1630 sein Leben lang und wohnt in bescheidenen Verhältnissen im Künstlerviertel am Fusse des Hügels Pincio. Für den Palazzo Crescenzi malt er noch einige Fresken, danach aber nur noch Gemälde. Nun entwickelt er seine Spezialität: Biblische und mythologische Themen, eingepackt in lyrische Fantasielandschaften. Solche Werke lassen sich gut an wohlhabende Bürger und Adlige verkaufen.

 

1635 erhält er den Auftrag, für den spanischen König Filipe IV (der auch König der spanischen Niederlande ist) sieben grossformatige Landschaftsbilder mit biblischen Themen zu fertigen. Diese sind für dessen Palast «Buen Retiro» nahe Madrid bestimmt. Die Bilder befinden sich heute im Museo del Prado in Madrid.

 

Ab 1637 wächst seine Bedeutung als Künstler, seine Reputation in Rom nimmt zu. Nun bekommt er Aufträge nicht nur von römischen Adligen, sondern auch von Päpsten wie Urban VIII oder Alexander VII. Auch für den Herzog von Paliano kann er zehn Gemälde fertigen.

 

In seinen letzten Jahren nimmt die Produktion seiner Werke ab. Für den römischen Kardinal Fabrizio Spada schafft er noch eines seiner letzten Gemälde, es ist einem berühmten Thema gewidmet: Der heiligen Maria Magdalena, der ersten Apostelin, die später zur «Sünderin» gestempelt wird.

 

 

trinità

Santissima Trinità dei Monti mit der
«Spanischen Treppe»

 

 

Lorrain stirbt am 23. November 1682 in Rom und
wird in der Kirche Santissima Trinità dei Monti beigesetzt. An deren Fuss, im Künstlerviertel, hat er jahrzehntelang gelebt.

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Claude Lorrain (1600-1682).

Küstenlandschaft mit Apollo und Sibylle

von Camae, 1665. Kunsthaus Zürich.

 

 

 

 

 

 

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Claude Lorrain (1600-1682). Capriccio mit Forum Romanum, 1634. Art Gallery of South Australia, Adelaide.

 

 

 

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Claude Lorrain (1600-1682). Pastorale mit Konstantins-bogen, 1648. Kunsthaus Zürich.

 

 

Fantasie oder Wirklichkeit?

 

Die Landschaftsgemälde Claude Lorrains sind keine «fotografischen» Abbildungen. Der Künstler erfindet sie gewissermassen. Johann Wolfgang von Goethe soll über seine Kunst begeistert gesagt haben: «Seine Bilder enthalten die höchste Wahrheit, aber keine Spur von Wirklichkeit».

 

Viele seiner Werke sind so genannte «capricci». Der Begriff Capriccio stammt vom florentinischen Maler und Kunsthistoriker >Giorgio Vasari. Man versteht darunter den spielerischen, lustvollen Regelverstoss.

 

In seinem Capriccio Forum Romanum bastelt der Künstler verschiedene Elemente zusammen, die es zwar gibt, aber nicht in dieser Anordnung. Sogar das Colosseum findet darin seinen Platz.

 

Ein weiteres Beispiel ist die «Pastorale mit dem Konstantinsbogen». Lorrain macht daraus eine Hirtenszene in offener Landschaft und schmückt diese im Hintergrund mit Monumenten, die da nicht hin gehören, denn sie stehen in der Stadt Rom: Das Colosseum und der Konstantinsbogen. Gleichzeitig packt er auch noch eine Botschaft mit ins Bild ein, indem er den christlichen Konstantinsbogen – gegenüber dem «heidnischen» Colosseum – deutlich überhöht.

 

 

 

antonius

Claude Lorrain (1600-1682). Landschaft, Versuchung des hl. Antonius, 1635. Museo del Prado Madrid.

 

 

 

Biblische Themen für den spanischen König

 

Von Felipe IV, König von Spanien und der spanischen Niederlande, erhält Lorrain 1635 den Auftrag für sieben grossformatige Landschaften mit biblischen Themen, darunter das Werk die >Versuchung des hl. Antonius. Typisch für Lorrain: Die Hauptfigur ist klein abgebildet, die Hauptrolle spielt einmal mehr die Landschaft.

 

Die sieben Gemälde sind für Felipes Palast «Buen Retiro» bestimmt, der 1632 bis 1634 in der Nähe Madrids errichtet wurde und primär für die Aufnahme seiner Kunstsammlung vorgesehen war. Der Palast wurde während der Befreiungskriege (1808-1814) durch Napoleons Truppen weitgehend zerstört. Heute befinden sich die Bilder im Museo del Prado in Madrid und an der Stelle des Palastes ist ein öffentlicher Vergnügungspark mit künstlich angelegten Seen und allerlei Rummel entstanden. Er nennt sich «Retiro-Park».

 

 

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Claude Lorrain (1600-1682). Landschaft mit tanzenden Satyrn und Nymphen, 1646. National Museum of Western Art, Tokyo.

 

Mythologische Themen, tanzende Nymphen

 

Neben biblischen Motiven nimmt bei Lorrain auch die Mythologie eine bedeutende Rolle ein. In diesem Gemälde lässt er in einer stimmungsvollen Landschaft zwei Satyrn und einige Nymphen vor Pan tanzen, dem Gott der Hirten und Herden.

Wie kam dieses Werk nach Japan? Erster Besitzer war ein gewisser Sir Thomas Frankland (bis 1831), danach kam es in die Hände von Earl Howe, dann in eine Privatsammlung nach Brüssel, danach zu Heim, Paris. 1976 wurde es durch die «Japan Agentur für kulturelle Angelegenheiten» erworben. Diese Agentur finanziert u.a. die Museen für Moderne Kunst in Kyoto und Tokio und dort stattfindende nationale und internationale Ausstellungen.

 

 

 

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Claude Lorrain (1600-1682). L'embarquement d'Ulysse, 1646. Musée du Louvre Paris.

 

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Claude Lorrain (1600-1682). Seehafen mit Einschiffung der Königin von Saba, 1648. National Gallery London.

 

 

Lorrains berühmte Seehäfen

 

Seehäfen sind schon fast ein Markenzeichen von Claude Lorrain. Er gilt als der Begründer der Hafen- und Seelandschaft. Er bleibt auch hier seiner Kunst der Fantasien treu, baut bestehende oder erfundene antike Bauwerke in seine «Landschaft» ein, wie es ihm gerade gefällt. Und kombiniert das mit mythologischen oder biblischen Geschichten.

 

Sein grossformatiges Gemälde «Die Einschiffung der Königin von Saba» von 1648 ist ein weiteres Beispiel dafür. Licht und Stimmung spielen die Hauptrollen in diesem Bild, die idealisierten Bauten aus der römischen Antike und aus der Renaissance komplettieren es.

 

Die eigentliche Aktion des Bildes, die Einschiffung der Königin von Saba, die nach biblischer Überlieferung König Salomo besuchte (1. Könige 10), bleibt dagegen eher ein Randmotiv und gerät zur Staffage.

 

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Claude Lorrain (1600-1682). Landschaft mit Maria Magdalena, Noli me tangere, 1681. Städel Museum Frankfurt.

 

 

1681: Noli me tangere

 

Eines seiner letzten Werke, das er rund ein Jahr vor seinem Tod erstellt. Es ist ein Auftragsbild für den Kardinal Fabrizio Spada. Und wieder stellt er eine fantasievolle Landschaft in den Vordergrund – das Hauptmotiv bleibt unbedeutend klein.

 

Es zeigt den als Gärtner verkleideten wieder auferstandenen Christus, der am Ostermorgen auf Maria Magdalena trifft.

 

Die Geschichte dahinter: Maria will den Wiederauferstandenen umarmen, aber dieser weist sie zurück mit dem berühmt gewordenen Ausspruch «Noli me tangere» (Rühr mich nicht an).

 

Rechts im Bild ist auch noch ein Engel am leeren Grab Christi zu erkennen.

 

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Fotos / Diashow

 

 

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