William Hogarth (1697-1764)


Hogarth gehört zu den drei Grossen der britischen Malerei des 18. Jahrhunderts. Alle drei gehen ihren eigenen Weg: >Gainsborough (1727-1788) zeigt in seinen «fancy pictures» die zeitgenössische Mode; >Reynolds (1723-1792) macht auf historisch und «Grand Style» und William Hogarth wird berühmt als Gesellschaftskritiker und Satiriker.

 

 

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William Hogarth (1697-1764).

Selfportrait 1735. Yale Center
for British Art, New Haven.

 

 

Hogarth wird 1697 in London in eine kleinbürgerliche Familie geboren. Sein Vater ist ein schlecht bezahlter Lateinlehrer. Er versucht, am St. Johns Gate ein lateinisch-sprachiges Kaffeehaus zu eröffnen. Das Projekt misslingt, stürzt ihn in Schulden und bringt ihn für fünf Jahre ins Schuldgefängnis «Fleet Prison». Derrweil lernt der junge Hogarth das harte Leben auf der Strasse kennen. Schon früh beginnt er damit, dieses in Skizzen festzuhalten. Er macht dann eine Lehre bei einem Graveur und Kupferstecher. Es folgen Ausbildungen zum Maler. Zunächst in einer privaten Malschule und schliesslich beim Hofmaler Sir James Thornhill. Er verliebt sich in dessen Tochter Jane, brennt mit ihr durch und heiratet sie heimlich.

 

1720 macht er sich als Kupferstecher selbständig und veröffentlicht grafische Satiren. Seine Themen reichen vom Theaterleben bis zu Aktienschwindel und Abenteuergeschichten des Dichters Samuel Butlers.

 

In den späten 1720ern entstehen seine ersten Gemälde, meist Gruppenporträts englischer Familien, so genannte «Conversation pieces».

 

Berühmt wird er dann aber in den 1730er-Jahren mit seinen «Modern Moral Subjects». Das sind Bilderfolgen, in denen er Lebensläufe von fragwürdigen Personen darstellt, zum Beispiel eines Wüstlings («A Rake's Progress») oder eines Mädchens, das zur Hure gemacht wird und schliesslich an Syphilis stirbt («A Harlot's Progress»).

 

In Gemälden und Kupferstichen prangert er soziale Missstände in England an, aber auch banale tägliche Sitten und Mode. Wie die heitere Darstellung von Schauspielerinnen, die sich für ihren Auftritt als Göttinnen in einer Scheune umkleiden müssen («Strolling Actresses Dressing in a Barn»).

 

Viele seiner Arbeiten sind mit Moralin unterlegt. Wie die Kupferstich-Serien vom «fleissigen und faulen Lehrling». Der fleissige heiratet die Tochter des Lehrmeisters und wird Bürgermeister, der faule wird zum Verbrecher und endet am Galgen.

 

 

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Die Hinrichtung des «faulen Lehrlings».

William Hogarth. Prentice Executed at Tyburn,
1747. British Museum London.

 

 

Zu seinem Werk gehören auch Porträts von Adligen, Kapitänen und Schauspielern. 1757 wird er sogar Hofmaler bei König George II – aber seine Reputation gründet vor allem auf seinen satirischen Werken.

 

Hogarth hat seinen Hauptwohnsitz am Leicester Square (damals Leicester Fields) in London. 1749 kauft er sich einen Landsitz in Chiswick, wo er bis an sein Lebensende lebt. Das «Hogarth's House» steht heute noch und ist als Museum erhalten.

 

Hogarth stirbt am 26. Oktober 1764 in London und wird in der St. Nicholas Church in Chiswick im Westen Londons beigesetzt.

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

William Hogarth (1697-1764).

Before, 1730-31. J. Paul Getty Center
Los Angeles.

 

 

 

 

 

 

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William Hogarth (1697-1764).
The sleeping Congregation, 1728. Minneapolis Institute of Art, Minneapolis.

 

 

 

Gesellschaftskritik in allen Bereichen

 

Eines seiner frühen Gemälde. William Hogarth lässt in seinen gesellschaftskritischen Werken keinen Bereich aus und nimmt auch die kleinen Sünden der Kirchgemeinde ins Visier. Hier dösen die Kirchgänger während der langweiligen Predigt und der Kirchendiener schielt aufs Decolleté der hübschen jungen Frau unter ihm.

 

Von diesem Gemälde erstellt der Künstler später Kupferstiche und lässt die Drucke veröffentlichen. Eine erste Serie erscheint 1736, eine weitere, in der er den Geistlichen mit Warzen im Gesicht entstellt, 1762.

 

 

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William Hogarth (1697-1764). Before, 1730-31. J. Paul Getty Center, Los Angeles.

 

after

William Hogarth (1697-1764). After, 1730-31.
J. Paul Getty Center, Los Angeles.

 

Gespielte Tugend und verlorene Unschuld

 

In seinem satirischen Doppelwerk «Before» und «After» greift Hogarth ein Alltagsthema auf: Die sexuelle Lust und die (verlorene) Unschuld.

 

In «Before» macht der lüsterne Mann der Frau Avancen. Sie wehrt ab – wie es sich gehört – und stützt sich dabei auf den Schminktisch. Dann gibt sie aber offensichtlich nach und die zwei fallen über einander her, sodass sogar der Schminktisch umfällt.

 

In «After» zieht der Mann seine Hose hoch und macht sich dran zu gehen, während die Frau ihre Bluse zurecht zupft und sich jetzt an den Mann klammert. Der kleine Hund schläft auf dem Boden neben dem umgestürzten Schminktisch, dessen Spiegel zerbrochen ist. Vielleicht ein Symbol für den Verlust von Tugend und Unschuld.

 

Er malt davon zwei Versionen: Eine spielt im Freien, die andere im Haus. Von der Indoor-Version hier fertigt Hogarth später Gravuren an und veröffentlicht 1736 Drucke davon.

 


 

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William Hogarth (1697-1764). A Harlot's Progress, 1732. Szene 1. British Museum London.

 

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Szene 2.

 

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Szene 4.

 

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Szene 5.

 

 

 

Vom Landmädchen zur Hure

 

Seine bitterböse Serie von Gemälden und Kupferstichen aus dem Jahr 1732 nennt der Künstler «A Harlot's Progress». Die Gemälde sind 1755 verbrannt, aber die Kupferstiche sind heute noch im British Museum zu sehen.

 

Es geht um das Mädchens Mary Hackabout, das aus der Provinz nach London kommt und Arbeit als Näherin sucht, aber einer Kupplerin in die Hände fällt und zur Prostitution gezwungen wird.


Geschichte in sechs Episoden

 

Szene 1 zeigt sie mit der Kupplerin, im Hintergrund lauert bereits der erste Kunde. In Bild 2 ist Mary als extravagante Kurtisane dargestellt, samt Dienerin und einem westindischen Pagen. Ihr Freier ist ein alter jüdischer Kaufmann. Bild 3: Ihr Freier hat sie fallen gelassen, nun wird sie als gemeine Hure verhaftet. Bild 4: Sie kommt ins Gefängnis. Dort muss sie Hanf klopfen, das zur Herstellung von Galgenstricken verwendet wird. Bild 5 zeigt sie sterbend. Sie ist an Syphilis erkrankt. Eine Frau kramt nach Dingen, die sie der Sterbenden stehlen könnte, die Zofe versucht, sie davon abzuhalten. In der letzten Szene, Bild 6, ist Mary tot. Nur die Kupplerin bedauert ihren Tod.

 

 

>alle sechs Episoden (PDF)

 

 

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William Hogarth (1697-1764). Marriage à la mode, 1743.
Szene 1. National Gallery London.

 

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Szene 2.

 

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Szene 5.

 

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Szene6.

 

 

 

Scharfe Kritik an den Geld-Heiraten

 

In den Jahren 1743–45 malt Hogarth die Serie von sechs Gemälden «Marriage à la Mode». Darin übt er scharfe Kritik an den Heiratsmethoden im England des 18. Jahrhunderts. Er prangert die Ehen an, die nur aus finanziellen Gründen geschlossen werden. Die Serie gehört zu den bekanntesten Gemälden des Künstlers – sie kommt aber beim Publikum nicht besonders gut an.

 

In der Szene 1 zeigt zeigt er eine arrangierte Ehe zwischen dem Sohn eines bankrotten Grafen und der Tochter eines wohlhabenden, aber geizigen Stadtkaufmanns. In Szene 2 haben sich die beiden frisch Vermählten schon nichts mehr zu sagen.

 

Szene 3 bildet den Grafensohn ab, wie er mit einer jungen Prostituierten einen Quacksalber aufsucht, offenbar leidet er bereits an Syphilis.

 

Im vierten Bild ist der alte Earl gestorben, also ist der Sohn jetzt der neue Graf und seine Frau eine Gräfin – in prächtiger Ausstattung.

 

Bild 5 zeigt den durchs Fenster fliehenden Geliebten der Frau, der den Grafen erstochen hat.

 

In Bild 6 bringt sich die Gräfin mit Gift selbst um, nachdem ihr Geliebter als Mörder gehängt wurde. Der Vater zieht ihr den Ehering ab.

 

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Fotos / Diashow

 

 

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