Ilja Repin (1844-1930)


Der russische Malerstar schlechthin. Repin verkörpert die «russische Seele» wie kein anderer. Im Stil des Realismus bildet er das Leben des gemeinen Volkes ab, malt aber auch Porträts von historischen Grössen Russlands und berühmten Literaten und Komponisten. Aber ist er überhaupt Russe?

 

 

Ilja Repin um 1878 im Alter von 34 Jahren.
Selbsporträt.

 

 

Seit Putins Militärmaschinerie im Februar 2022 die Ukraine überfallen hat, erinnern sich die Ukrainer plötzlich daran, dass Repin gar kein Russe ist, denn er stammt aus dem ukrainischen Charkow.

 

Repin wird als Sohn eines Militärs in Charkow geboren und besucht eine topographische Lehranstalt, bevor er sich ab 1857 in Ikonenmalerei unterrichten lässt. Sein Geld verdient er mit der Bemalung von Kirchen. Ab 1870 studiert er an der Akademie der Künste in Sankt Petersburg.

 

1872 heiratet er Wera Schewzowa und schliesst sich einer Künstlergruppe an, die sich vorwiegend mit dem Malstil des Realismus beschäftigt und sich «die Wanderer» nennt (Peredwischniki).

 

In Paris setzt er sich dann mit dem Impressionismus auseinander und beteiligt sich 1875 am >Pariser Salon. Sein Beitrag im Stil des Realismus «Un café de Paris» findet aber kaum Beachtung, ebensowenig seine Arbeit ein Jahr später. Er kehrt enttäuscht nach Russland zurück und widmet sich wieder russischen Themen.

 

 

Ilja Repin (1844-1930). Un café de Paris,
1875. Museum der Avantgarde, Moskau.

 

 

Der Mäzen und Kunstsammler Pawel Tretjakow (Namensgeber der heutigen Tretjakow-Galerie in Moskau), verschafft ihm Aufträge für Porträts. Nach dem Umzug von Moskau nach St. Petersburg trennt sich Repin 1882 von seiner Frau Wera.

 

Zwischen 1882 und 1899 reist er durch Europa, nach Sibirien, auf die Krim und in den Orient. In Berlin erhält er 1896 an der Internationalen Kunstausstellung eine Goldmedaille. Nun gilt er als führender russischer Maler seiner Zeit und wird von Zar Alexander III beauftragt, die Akademie in St. Petersburg zu reformieren, wo er ab 1892 als Professor lehrt. Er unterrichtet auch in Moskau und Witebsk.


1900 heiratet er die russisch-finnische Schriftstellerin Natalia Nordman und lässt sich 1903 im finnischen Kuokkala auf dem Landsitz seiner Frau nieder, wo er sich ein Atelier einrichtet. Repin leidet in dieser Zeit an einer durch Rheuma teilweise gelähmten rechten Hand.

 

1911 weilt er in Rom und in München, wo er auf Marianne von >Werefkin und >Alexej Jawlensky trifft, die um 1880 seine Schüler waren). Danach beginnt er in Kuokkala, seine Memoiren zu schreiben. In Kuokkala arbeitet er bis zu seinem Tod.

 

Mit dem Ersten Weltkrieg und der russischen Revolution 1918 ändern sich die Grenzen – Kuokkala gehört jetzt zu Finnland, Repin wird finnischer Staatsbürger. Künstlerisch wendet er sich nun vor allem biblischen Themen zu.

 

Ilja Repin stirbt am 29. September 1930 auf auf seinem Landsitz in Kuokkala, wo er auch beigesetzt ist. Nach dem Winterkrieg 1940 wird das Gebiet russisch.

 

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Ilja Repin (1844-1930). Junge Frauen

spazieren inmitten einer Kuhherde, 1896.

Nationalgalerie Kiew.

 

 

 

 

 

 

Ilja Repin (1844-1930). Die Wolga-Treidler, 1870-73. Russisches Museum St. Petersburg.

 

 

1870: Zum Start ein Meisterwerk

 

Mit Malerfreunden unternimmt Repin 1870 eine Reise an die Wolga, wo er das Motiv für sein bis heute berühmtestes Gemälde findet: Abgekämpfte und verlumpte Männer ziehen einen Lastkahn der Wolga entlang. Das in «russischem Realismus» gemalte Werk misst fast drei Meter in der Breite und heisst Die Wolgatreidler.

 

1872 beendet Repin sein Studium an der Akademie in St. Petersburg. Für sein Abschlusswerk wird er mit einem fünfjährigen Ausland-Stipendium belohnt, das ihn nach Wien und Paris führt. In Paris versucht er sich am gerade herrschenden Modestil, dem Impressionismus, aber erfolglos. 1876 kehrt er nach Russland zurück. Und zum Realismus.

 

 

Ilja Repin (1844-1930). Iwan der Schreckliche und sein Sohn Iwan, 16.11.1581. 1883-85. Tretjakow-Galerie, Moskau.

 

Grosse Historische Gemälde

 

Repin ist vor allem für seine Bildnisse des einfachen russischen Volkes berühmt. Er malt aber auch Gemälde von historischen Grössen wie dieses hier: Iwan der Schreckliche. Es zeigt Zar Iwan IV, der seinen sterbenden Sohn Zarewitsch Iwan Iwanowitsch in den Armen hält, nachdem er ihn im Streit mit seinem Zepter tödlich verletzt hat.

 

Der historische Hintergrund: Iwan trifft auf die
schwangere Frau seines Sohnes und empfindet diese für zu leicht bekleidet. Er schlägt sie, sie erleidet eine Fehlgeburt. Der Zarewitsch stellt seinen Vater zur Rede, es entsteht ein Streit. Iwan der Schreckliche schlägt seinem Sohn sein Zepter auf den Kopf und verletzt ihn so schwer, dass er nach einigen Tage im Koma stirbt. Ob sich diese Geschichte wirklich so zugetragen hat, ist umstritten.

 

 

Ilja Repin (1844-1930). Porträt des Komponisten Modest Mussorgski, 1881. Tretjakow Galerie Moskau.

 

 

Porträts berühmter Komponisten

 

Für seine Porträts von russischen Berühmtheiten ist Ilja Repin besonders bekannt. Dieses Porträt des Komponisten Modest Mussorgski (1839-1881) gilt als eines seiner Meisterwerke. Es entstand nur wenige Tage vor dem Tod des Komponisten – gemalt in vier Sitzungen im Nikolai-Militärkrankenhaus in Sankt Petersburg. Mussorgski war alkoholkrank und wurde nur 42 Jahre alt. Repin soll es abgelehnt haben, eine Bezahlung für das Werk anzunehmen, stattdessen trug er zur Errichtung eines Denkmals für den Komponisten bei.

 

Ilja Repin (1844-1930). Des Künstlers Ehefrau, 1882. Tretjakow-Galerie, Moskau.

 

Bildnis seiner Ehefrau Wera

 

Als Repin dieses Bild malt, steht es mit der zehnjährigen Ehe bereits nicht mehr zum Besten – 1882 ist das Trennungsjahr des Paars. Das mag die etwas traurige und nachdenkliche Stimmung von Wera Schewzowa erklären, die Repin in diesem Meisterwerk einfängt.

 

Wera Schewzowa war die Tochter des Professors A.I. Schewzow, der an der Akademie in St. Petersburg unterrichtete. Dort studierte Repin ab 1870, zwei Jahre später heiratete er Wera. 1872 kam ihre Tochter Wera Repina zur Welt. Diese wurde eine bekannte Sängerin und lebte bis 1947.

 

 

Ilja Repin (1844-1930). Unerwartete Heimkehr, 1884-88. Tretjakow-Galerie Moskau.

 

 

 

Biblische Werke

 

Ein biblisches Motiv, das schon von zahllosen Künstlern verabeitet wurde: Der verlorene Sohn. Repin bildet das Gleichnis in einer wohlhabenden russischen Familie seiner eigenen Zeitepoche ab und interpretiert es ziemlich frei: Der verlorene Sohn wird nicht wie in der Bibel erwähnt vom Vater empfangen, sondern von der Mutter und weiteren Familienmitgliedern.

 

 

>mehr über das Gleichnis des verlorenen Sohns

 

 

 

Ilja Repin (1844-1930). Natalia Nordman, 1900- 1902. Finnische Nationalgalerie, Helsinki.

 

Ilja Repin (1844-1930). Büste der Natalia Nordman-Severova, 1902. Museo de Malaga.

 

 

Natalia – Repins zweite Ehefrau

 

Natalja Nordman kommt 1863 in Helsinki zur Welt. Sie ist also 37, als sie mit dem 56-jährigen Repin die Ehe eingeht. Sie ist Schriftstellerin und gehört zu den frühesten Frauenrechtlerinnen.

 

Ihr Taufpate ist kein geringerer als Zar Alexander II. Sie wächst in Helsingfors und St. Petersburg auf, spricht Russisch, Schwedisch, Finnisch, Deutsch und Englisch, erhält eine Ausbildung in Zeichnen, Musik, Bildhauerei und sogar Fotografie.

 

Repin lebt schon seit etwa 1891 vegetarisch – unter dem Einfluss Tolstois (!). Auch Natalia Nordman ist eine Verfechterin des Vegetarismus, und dies in extremer Form.

 

Natalja Nordman hält Vorträge über «das einfache, natürliche, vegetarische Leben», zum Beispiel am Psychoneurologischen Institut in Sankt Petersburg. Dessen Gründer und Leiter ist der Neurologe Wladimir Bechterew. Nordman ist von ihren Theorien so überzeugt, dass sie Bechterew

den Vorschlag macht, einen Lehrstuhl für Vegetarismus einzurichten.

 

Bevor sie ihre Pläne umsetzen kann, erkrankt sie an Tuberkulose. Sie stirbt am 30. Juni 1914 im Alter von 51 Jahren in Orsellina im Tessin.

 

 

Ilja Repin (1844-1930). Alexander Puschkin trägt ein Gedicht vor in Zarskoje Selo, 1911. Puschkin Museum,
St. Petersburg.

 

Puschkin bei der Abschlussprüfung

 

In diesem historischen Gemälde zeigt Ilja Repin den russischen Nationaldichter Alexander Puschkin als Jüngling bei der Abschlussprüfung im Lyzeum Zarskoje Selo. Die Szene spielt am 8. Januar 1815: Der 14-jährige Puschkin trägt ein Gedicht vor.

 

Puschkin verbrachte sechs Jahre im Lyzeum Zarskoje Selo (das heute seinen Namen trägt). Diese Elite-Lehranstalt wurde 1811 gegründet. Hier erlebte Puschkin auch die Ereignisse des Vaterländischen Krieges gegen Napoleon (1812) und hier entstanden auch Puschkins erste Versuche als Dichter.

 

 

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