Franz von Lenbach (1836-1904)


Er ist der Prototyp des «Malerfürsten». Der Star
unter den Porträtisten. Alle wollen sie sich von ihm malen lassen, Kaiser, Könige, Staatsmänner, sogar der Papst. Bei seinen zeitgenössischen Malerkollegen ist er dagegen umstritten, weil er am althergebrachten Kunstbetrieb festhält.

 

 

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Franz von Lenbach (1836-1904).
Selbstporträt, 1879.
Foto ©Bismarck-Stiftung.de

 

 

Franz Lenbach kommt 1836 in Oberbayern als Sohn eines Stadtmaurermeisters zur Welt. Eigentlich wäre vorgesehen, dass er in die Fussstapfen seines Vaters tritt. Zunächst arbeitet er auch in dessen Betrieb – als Maurergeselle. Daneben malt er in seiner Freizeit.

 

Im Alter von 18 wird er in die Akademie der Bildenden Künste in München aufgenommen. Seine ersten Werke zeigen bäuerliche Szenen und Landschaften. Ab 1857 studiert Lenbach in der Klasse von Carl von Piloty.

 

Auf einer Studienreise nach Italien entstehen 1858 zahlreiche Gemälde im Stil der gerade in Frankreich aufkommenden plein-air-Malerei, so Lenbachs bekannte Bilder des «Italienerknaben» oder «Der Titusbogen» in Rom.

 

1860 wird Lenbach als Professor an die Grossherzogliche Kunstschule in Weimar berufen. Auch hier widmet er sich mit seinen Studenten der Freilichtmalerei. Zwei Jahre später beendet er seine Lehrtätigkeit und gibt die Landschaftsmalerei auf.

 

Es folgt eine Phase (1862-1868), in der er sich als Kopist Alter Meister betätigt. Den Auftrag dafür erhält er vom Kunstsammler Adolf Friedrich von Schack, der ihn dafür fest anstellt und fix besoldet. In Rom, Florenz und Madrid setzt sich Lenbach mit den Werken Tizians, Velazquez' und Rubens auseinander – und findet Gefallen an deren (Retro)Malweise, die Menschen zu porträtieren.

 

Ab 1870 wird er selbst zum erfolgreichen Porträtisten. Es entstehen Bildnisse von Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preussen, Otto Fürst von Bismarck, Kaiser Wilhelm, der Könige Ludwig I und II von Bayern – und sogar von Papst Leo XIII. Auch Franz Liszt und Richard Wagner verewigt der nun als «Malerfürst» gefeierte Lenbach und wird so zum Chronisten seiner Epoche.

 

Seinen gesellschaftlichen Aufstieg verdankt er (auch) der Heirat mit der Gräfin Magdalena Moltke. An bester Lage in München – beim Königsplatz – lässt er sich 1891 eine prächtige Villa bauen, die bald zu einem Zentrum des kulturellen Lebens in München wird. Zu Lenbachs Freunden gehören nicht nur Malerkollegen, sondern auch Stars der High Society wie Richard Wagner oder der Nobelpreisträger Paul Heyse.

 

 

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Franz von Lenbach, Selbstporträt,

1903. Lenbachhaus München.

 

 

Lenbach inszeniert sein Künstlerleben nach allen Regeln der Kunst und wird so zum Inbegriff des Münchner «Malerfürsten». Eine Bezeichnung, die allerdings nicht alle positiv sehen. Einige seiner Malerkollegen fühlen sich von seiner dominanten Haltung gegängelt. Es entsteht dadurch eine spannungsgeladene Konkurrenzsituation, die sich in der Gründung von Abspaltungen entlädt, zum Beispiel der >Münchner Secession, die 1892 von >Stuck, >Corinth und >Liebermann ins Leben gerufen wird, um dem etablierten Kunstbetrieb zu entkommen.

 

1902 verleiht man Lenbach das Kommandeurskreuz der französischen Ehrenlegion. Im Herbst des selben Jahres erleidet er einen Schlaganfall – und sein Gesundheitszustand verschlechtert sich von da an rapide. Er stirbt am 6. Mai 1904 in seiner Münchner Villa und wird in einem Ehrengrab des Münchner Westfriedhofs beigesetzt.

 

 

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Franz von Lenbach (1836-1904).

Porträt der Tochter Marion, 1897.

Privatbesitz Familie Neven-DuMont, Köln.

 

 

 

 

 

 

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Franz von Lenbach (1836-1904). Der rote Schirm, 1860. Kunsthalle Hamburg.

 

 

Akademische Ausbildung in München

 

In der Münchner Akademie der Bildenden Künste lernt er unter Carl Theodor von Piloty das Handwerk der realistischen Historienmalerei.

 

Doch schon bald beginnt er, seine eigenen Vorstellungen umzusetzen. Es ist die Zeit, in der in Frankreich die plein-air-Malerei aufkommt. Lenbachs Werk von 1860 «Der rote Schirm» wird von Kunstkritikern als Frühwerk des deutschen Impressionismus bezeichnet.

 

 

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Franz von Lenbach (1836-1904). Kopie nach Rubens, 1866. Die Töchter des Leukypos. Lenbachhaus München.

 

1862-68: Kopieren von grossen Meistern

 

In München lernt Lenbach 1862 den Kunstsammler Adolf Friedrich von Schack kennen. Dieser möchte seine Kunstsammlung durch qualitativ erstklassige Kopien grosser Meister ergänzen.

 

In Schacks Auftrag reist Lenbach – fix besoldet von seinem Auftraggeber – zu den wichtigsten Museen von Florenz über Rom bis Madrid und fertigt von 1862 bis 1868 zahlreiche Kopien berühmter Gemälde. Darunter eine Madonna nach Murillo, eine Salome nach Tizian, die Töchter des Leukypos nach Rubens. Insgesamt malt er für von Schack siebzehn grossformatige Gemälde. Auch Porträts sind dabei. Zum Beispiel von König Felipe IV von Spanien nach Velazquez.

 

 

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Franz von Lenbach (1836-1904). Porträt Kaiser Franz Joseph, 1873. Kunsthistorisches Museum Wien.

 

1869: Künstlerische Durchbruch

 

Zurück in München versucht er, als Porträtmaler Fuss zu fassen. Zwar hat er bereits gute Kontakte zur gehobenen Gesellschaft, aber noch fehlen die Aufträge. Der künstlerische Durchbruch gelingt an der internationalen Kunstausstellung von 1869 im Münchner Glaspalast.

 

1870 reist er nach Wien, wo Kaiser Franz Joseph im Jahr 1865 «seine» Ringstrasse einweihen konnte. Diese Prachtstrasse zieht gutbürgerliche Kreise an, die jetzt Porträts in Auftrag geben. Aber auch vom Kaiserhof selbst gehen Bestellungen ein. Am Porträt von Kaiser Franz Joseph aus dem Jahr 1873 sollen auch noch Hans Makart und Arnold Böcklin mitgewirkt haben.

 

Noch ist Lenbach als Porträtmaler nicht auf dem Zenith: Das Kaiserbild erhält keine guten Kritiken. Es sei etwas steif geraten, heisst es.

 

 

 

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Franz von Lenbach (1836-1904). Kaiser Wilhelm I, 1886-87. Lenbachhaus München.

 

 

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Otto von Bismarck, 1890. Lenbachhaus München.

 

 

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Papst Leo XIII, 1885. Lenbachhaus München.

 

 

 

 

Lenbachs Porträt-Philosophie:

«Die Porträtierten sollen geadelt werden»

 

Beim Kopieren der grossen Meister hat Lenbach seinen Zugang zur Porträtmalerei gefunden. Er sieht seine persönliche Chance darin, vermehrt die individuelle Persönlichkeit ins Bild setzen, wie dies die grossen Meister getan haben. Deren Stil möchte er wieder einführen, auch wenn dies rückwärts gewandt ist.

 

Moderne Künstler wie >Courbet mit dessen brutalem Realismus mag Lenbach nicht. In seinen Augen hat das Porträt nicht die Aufgabe, jemanden realistisch abzubilden, sondern die dargestellte Person zu adeln (und damit auch den Künstler!). Das schliesst für ihn naturalistisch-realistische Darstellungen von Alltagssituationen aus.

 

1874 begegnet Lenbach Otto von Bismarck, preussischer Ministerpräsident und späterer Reichskanzler. Mit ihm pflegt er eine lebenslange Verbundenheit. 1882 erhält Lenbach das Ritterkreuz und wird als «Ritter von Lenbach» in den Adelsstand gehoben. Damit wird er zu einer führenden Persönlichkeit im Münchner Kunstleben. Das bringt ihm Ansehen und Wohlstand.

 

Für das Porträt von Papst Leo XIII mag dieser nicht Modell sitzen. Also malt es Lenbach nach einer für diesen Zweck hergestellten Fotografie. Mit Erfolg: Das Gemälde gilt aufgrund der malerischen Qualität und der ausdrucksvollen Wiedergabe des Gesichts als einer der Höhepunkte in Lenbachs Werk und wird mit Tizians Meisterporträt von Papst Paul III verglichen. Es erntet grosses Aufsehen und wird an Ausstellungen in München, Berlin und weiteren Städten gezeigt.

 

Die Malerei ab fotografischen Vorlagen ist eine Technik, auf die Lenbach noch mehrfach zurück kommt.

 

 

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Franz von Lenbach
(1836-1904). Selbstbildnis mit zweiter Ehefrau
Charlotte und Töchtern aus erster Ehe, 1902. Lenbachhaus München.

 

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Franz von Lenbach
(1836-1904).
Lolo Lenbach, 1902. Lenbachhaus München.

 

 

 

1887: Heirat mit Gräfin Moltke

 

Mit seiner ersten Ehefrau Gräfin Magdalena Moltke zeugt er zwei Töchter: Die 1892 geborene Marion und Erika (1895). Vor allem von der hübschen Marion malt er zahlreiche Porträts.

 

Die Ehe, die vornehmlich aus Standesgründen geschlossen wurde, hält nicht ewig. Nicht zuletzt deshalb, weil Magdalena der Malerei nichts abgewinnen kann. Die Scheidung erfolgt 1896.

 

Noch im gleichen Jahr heiratet der inzwischen
60-jährige Künstler die 35-jährige Charlotte, besser bekannt als Lolo von Hornstein (1861-1941). Sie ist selbst auch Malerin und so gibt es gemeinsame Kunstinteressen. Sie nimmt auch aktiv am Schaffen ihres Mannes teil und organisiert seinen Atelierbetrieb. Dann übernimmt sie auch die anspruchsvolle Rolle als Gastgeberin bei den zahlreichen Events mit der Müncher High Society in der Villa Lenbach. Nach dem Tod ihres Ehemannes 1904 kümmert sie sich um seinen künstlerischen Nachlass. Sie lebt bis 1941.

 

Ihre gemeinsame Tochter Gabriele kommt 1899 zur Welt. Aus der Ehe zwischen Gabriele und Kurt Neven DuMont gehen zwei Töchter und zwei Söhne hervor: Die beiden späteren Verleger Alfred Neven DuMont (1927–2015) und der 1936 geborene Reinhold Neven DuMont.

 

 

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Lenbachhaus in München. Die alte Residenz des Malerfürsten mit Ateliertrakt.

 

 

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Wohnzimmer der Lenbach-Villa.

 

 

 

 

 

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Das neue Lenbachhaus als Museum, 2013 eröffnet.

 

 

Die Residenz des Münchner Malerfürsten

 

Eine noble Adresse: Lenbach lässt seine Villa 1891 in der Nähe des Königsplatzes in München bauen, das «Lenbach-Palais». Hier hat er auch sein Atelier, das sich zu einer Künstlerresidenz entwickelt, in der die gesellschaftlichen Grössen ein- und ausgehen.

 

Der Bau der Villa verschlingt Unsummen und Lenbach verschuldet sich. Um die Schulden zu tilgen, beginnt er mit einer Massenproduktion von Bildern, die er mit der Technik der so genannten «Photopeinture» herstellt.

 

Dabei erfolgt eine Projektion auf einen lichtempfindlichen Malgrund. Porträts malt er ab 1890 vornehmlich nach fotografischen Vorlagen. Die Kritiken bleiben nicht aus. Der Schweizer Maler Karl Stauffer-Bern meint: «Seitdem er nur noch mit Kaisern, Königen und Päpsten zu tun hat, fehlt ihm die Zeit zu ernster Tätigkeit».

 

Das Lehnbachhaus wird 1929 in eine Städtische Galerie umgebaut und als Museum dem Publikum zugänglich gemacht. 2013 kommt der imposante goldene Kubus dazu, nach den Plänen von Sir Norman Foster & Partner. Die alten Gebäude der Villa und der Kubus werden verlinkt und präsentieren heute eine grossartige Sammlung moderner Kunst – eingebettet in die Welt eines ehemaligen Malerfürsten.

 

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Franz von Lenbach (1836-1904). Tochter Marion, 1900. The Metropolitan Museum of Art, New York.

 

1900: Lieblingstochter Marion

 

Von seiner heranwachsenden hübschen Tochter Marion, geboren 1892, malt Lenbach unzählige Porträts. Das gleiche Sujet oftmals in mehreren Versionen. Von diesem hier gibt es weitere zwei mit den gleichen Abmessungen (150 x 105 cm) und in derselben Pose im gleichen roten Kleid. Ein sitzendes Porträt von Marion, die das rote Kleid und die Halskette trägt, befindet sich in der Eremitage in St. Petersburg.

 

Dieses hier wurde um 1900 vom New Yorker Collis P. Huntington erworben und ist heute im berühmten Met Museum in New York zu sehen.

 

 

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Franz von Lenbach (1836-1904). Liegender Akt, 1902. Lenbachhaus München.

 

 

1902: Liegender Akt

 

Akte malt der auf Porträts spezialisierte «Malerfürst» eher selten. Dieses 106 x 132 cm grosse Gemälde entsteht 1902. Wer als Modell diente, ist nicht bekannt.

 

Das Gemälde gelangt als Schenkung der Erbin Lolo Lenbach 1925 in die Städtische Galerie im Lenbachhaus, wo es bis heute zu sehen ist.

 

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Fotos / Diashow

 

 

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