Hermann Haller (1880-1950)


Er entstammt einer angesehenen Berner Familie.

Als 14-jähriger Gymnasiast besucht er in Vevey eine Ausstellung von Ferdinand Hodler – und beschliesst Maler zu werden. Seine Eltern sind dagegen, lassen sich aber erweichen, als ihnen Hodler gut zuredet.

 

Zunächst studiert Haller aber ab 1898 in Stuttgart Architektur – und malt und zeichnet nebenbei. Sein besonderes Interesse: Akte. Das Malstudium beginnt er in München, in der Privatschule von Heinrich Knirr. Hier trifft er auf einen Mitschüler aus der Parallelklasse seines Gymnasiums: Paul Klee.

 

1901 besuchen Haller und Klee die Kunstakademie München. An der Akademie der bildenden Künste in Stuttgart macht Haller dann eine weitere wichtige Bekanntschaft: Er lernt Hans Reinhart kennen, den Sohn des Winterthurer Kunstmäzens >Theodor Reinhart. Dieser fördert den jungen Haller und ermöglicht ihm einen Aufenthalt in Rom.

 

In Rom arbeitet er in einer Ateliergemeinschaft mit Karl Hofer. Dann folgt eine bedeutende Wende: Haller wendet sich 1904 der Bildhauerei zu.

 

 

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Hermann Haller, 1906.

Gemälde von Karl Hofer (1878-1955).

Museum Oskar Reinhart Winterthur.

 

 

1909, ein wichtiges Jahr: Er heiratet die Sängerin Gerda von Wätjen, bekommt seinen Sohn Peter, hat seine erste Einzelausstellung (bei Paul Cassirer in Berlin) und zieht im November nach Paris. Dort gehört er zum Künstlerkreis des Café-du-Dôme.

 

Nach Kriegsausbruch 1914 verlässt er Paris und arbeitet ab dann in Zürich. 1917 heiratet er zum zweiten Mal: es ist Felicitas Trillhaase, eine Malerin und Kunstgewerblerin. Aber mit Felicitas geht es nicht lange gut. Schon 1919 zieht er mit einer Neuen zusammen: es ist die Bildhauerin Hedwig Braus.

 

Künstlerisch ist Haller erfolgreich. In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg gilt er bereits als bedeutendster Plastiker der Schweiz.

 

1932 baut er sich in Zürich-Seefeld ein Atelier, nach eigenen Plänen. Ein Holzhaus im Stil der Bauhaus-Architektur. >mehr über sein Atelier

 

1933 zeichnet ihn die Universität Zürich mit dem Titel eines Ehrendoktors aus. Die Stadt Zürich beauftragt ihn mit der Fertigung des Hans-Waldmann-Denkmals und 1939 darf er auch noch das «Mädchen mit den erhobenen Händen» für die Landi erschaffen. 1945 heiratet er zum dritten Mal. Es ist aber keine neue Frau, sondern seine langjährige Lebenspartnerin Hedwig Braus, mit der er schon seit 1919 zusammen lebt.

 

In seinen letzten Lebensjahren nimmt sein Arbeitselan merklich ab, seine Innovationskraft lässt nach. Ein Jahr vor seinem Tod erhält er 1949 den Kunstpreis der Stadt Zürich. Er stirbt am 23. November 1950 in Zürich und ruht auf dem Friedhof Hohe Promenade.

 

 

 

 

Titelbild:

Skulpturen von Hermann Haller
im Dachstock seines Ateliers in Zürich.

 

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Hermann Haller (1880-1950). Selbstbildnis, 1900. Kunst Museum Winterthur.

 

Selbstbildnis um 1900

 

Als Teenager lernt er Ferdinand Hodler kennen und will jetzt Maler werden. Seine Eltern sind dagegen, lenken aber schliesslich ein. Haller hat Talent und liefert einige vielversprechende Werke ab, wie sein Selbstporträt von 1900.

 

Aber dann entdeckt er in Rom die Bildhauerei und wendet sich ab 1904 dieser zu. «Malen ist vielleicht geistreicher, aber dafür weniger absolut», meint er zu seiner Entscheidung. Richtiger Bildhauer an Stein und Marmor wird er aber nicht, er bleibt zeitlebens Modelleur und arbeitet vornehmlich mit Ton, Gips und Bronze.

 

 

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Hallers Atelier in Zürich-Seefeld.

 

Hermann Hallers Atelier in Zürich

 

1932 möchte er im Villenquartier im Seefeld sein Atelier errichten. Die Anwohner sind nicht begeistert und erheben Einspruch. Erst fünf Jahre später kann er sein Projekt realisieren. Nach eigenen Plänen baut er sein Holzhaus im Bauhausstil.

 

>mehr über Hermann Hallers Atelier

 

 

 

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Ägypterin, 1935.

 

 

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Fertilité, 1913.

 

Hallers Markenzeichen: Nackte Mädchen

 

Nackte junge und wohlgeformte Mädchen sind das zentrale Thema in seinem Schaffen. Sein Material ist der weiche, knetbare Ton. Arbeiten in Stein oder Holz bleiben die Ausnahme.

 

Ausnahmen bleiben auch die wenigen Männer-Skulpturen, die er fertigt, die aber nicht wirklich überzeugen. Seine Frauenfiguren gelingen ihm deutlich besser, dafür hat er das perfekte Gespür. Sie haben nicht nur makellose Körper, sondern strahlen auch eine feine Sinnlichkeit und Erotik aus.

 

Hier gibt es eine offensichtliche Parallele zum grossen Meister Michelangelo – nur mit umgekehrten Vorzeichen: Dieser meisselte und malte Männer meisterhaft, hatte aber seine liebe Mühe mit Frauenfiguren.

 

«Je sculpte par cœur», sagt Haller. Und «Ich selbst suche die vereinfachte Form dessen zu geben, was mich bewegt. Ich suche eine Synthese der Form von innen heraus».

 

Um 1920 herum versucht er sich kurz mit abstrakten Formen von Frauenkörpern, kehrt dann aber schon bald wieder zu seiner idealisierenden Naturform zurück.

 

 

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Denkmal für
Hans Waldmann,
1932-37.

 

 

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Das schmalbrüstige Männchen.

 

 

Das Waldmann-Denkmal – Hallers Flop

 

Anfangs der 1930er-Jahre hat Haller schon einen so guten Namen als Bildhauer, dass ihn die Stadt Zürich mit der Erschaffung des Denkmals ihres berühmtesten Bürgermeisters, Hans Waldmann (1435-1489), betraut.

 

Der Auftrag ist ein Prestigeerfolg für den Künstler. Er nimmt ihn an, obwohl ihm vermutlich klar ist, dass so ein Heerführer hoch zu Ross nicht sein Ding ist. «Hans Waldmann ist ein Symbol meiner eigenen Abenteuerlust», meint er vorausschauend.

 

Das Abenteuer floppt. Mit dem Ross ist man ganz zufrieden, aber das schmächtige, schmalbrüstige Männchen auf dem Pferd kommt nicht gut an. Immerhin war Waldmann ein vor Kraft strotzender Krieger, und nun das! Die Qualität des Reiters ist bis heute umstritten.

 

>mehr über Hans Waldmann

 

 

 

Mädchen mit erhobenen Händen, 1939.

 

Das Mädchen mit erhobenen Händen

 

Schon zwei Jahre nach dem Waldmann-Flop kann er sich rehabilitieren. Für die Landesausstellung von 1939 soll er eine starke Frauenskulptur schaffen. Jetzt ist Haller wieder in seinem Element. Mit der Monumentalfigur «Mädchen mit erhobenen Händen» kreiert er eine kraftvolle Nackedei mit sinnlichem und athletischem Körper. Man reibt sich die Augen: Warum bloss hat er den Krieger Waldmann so schmalbrüstig gemacht?

 

Das Gips-Original des kräftigen Mädchens dominiert Hallers Atelier, der Bronzeguss davon thront seit 1968 auf einem hohen Sockel auf der Saffa-Insel in Zürich-Wollishofen.

 

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Fotos / Diashow

 

 

Ausstellung 2020 im Atelier Hermann Haller

 

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«Wenn du geredet hättest»

 

Fünf Künstlerinnen im Dialog mit Hermann Haller, vom 19. Juni bis 18. Oktober 2020

 

- Lisa Biedlingmaier

- Renata Burckhardt

- Athene Galiciadis

- Pipilotti Rist

- Loredana Sperini

 

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