Camille Corot (1796-1875)


«Alles, was ich in meinem Leben tun möchte, ist Landschaften zu malen», soll er einmal gesagt haben. Diese Leidenschaft verfolgt er denn auch konsequent und schafft sich damit einen grossen Namen und hohes Ansehen, besonders bei jüngeren Künstlern. «Papa Corot» nennen sie ihn.

 

 

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Camille Corot. Fotografie Nadar,
WikiCommons.

 

 

Mit ganzem Namen heisst er Jean-Baptiste-Camille Corot. Er kommt 1796 in Paris zur Welt und wächst in gutbürgerlichen Verhältnissen in Rouen auf. Sein Vater ist Tuchmacher, die Mutter – eine Schweizerin – betreibt eine modische Hutmacherei. Auf Tücher und Hüte hat Camille keine Lust, er gibt die Tuchmacherlehre bei seinen Eltern vorzeitig auf – er will Maler werden. Schliesslich stattet ihn der Vater mit einem Taschengeld aus und erlaubt ihm, seinem Traum nachzugehen.

 

Im Louvre studiert er berühmte Gemälde und nimmt Privatunterricht bei Victor Bertin, der eine Schule für Landschaftsmalerei in klassisch-akademischem Stil leitet. Aber schon jetzt wird Corot klar: Er möchte lieber im Freien arbeiten.

 

1825 zieht er für drei Jahre nach Rom, malt und skizziert Stadtansichten und die ländliche Umgebung. Zurück in Frankreich verbringt er die warmen Monate damit, im Freien zu malen. Er macht kleine Ölskizzen und Zeichnungen nach der Natur und zieht sich im Winter in sein Pariser Atelier zurück. Hier entstehen dann die grösseren fein ausgearbeiteten Werke.

 

Ab 1831 unterbreitet er diese regelmässig dem
>Salon de Paris, mit beachtlichem Erfolg. Ausstellen und Verkaufen sind allerdings zwei verschiedene Paar Stiefel. Corot findet kaum Käufer und muss weiter vom «Taschengeld» seines Vaters leben.

 

Erst 1840 – da ist Corot schon 44-jährig – kauft ihm der französische Staat ein erstes Werk ab («Der Kleine Hirte»). Von nun an geht es aufwärts. Der Dichter und Kunstkritiker Charles Baudelaire sieht in seiner Rezension des Salons von 1845 «Corot in der modernen Schule der Landschaftsmalerei an der Spitze».

 

1846 wird er Mitglied der «Légion d'Honneur». Inzwischen sind seine Werke von Kunsthändlern und Sammlern schon so gesucht, dass Corots finanzielle Sorgen passé sind.

 

1855 kauft ihm sogar >Kaiser Napoleon III ein Bild ab. Nun beginnt die Nachfrage das Angebot zu übersteigen. Sein Werk umfasst etwa 3'000 Bilder, und weil das nicht reicht, «erweitern» Fälscher den Markt mit Kopien. In jener Zeit zirkuliert das Bonmot: «Von seinen 3'000 Bildern wurden 10'000 in die USA verkauft».

 

Der Erfolg steigt Corot aber nicht in den Kopf. Er bewegt sich weiter gerne in der Gesellschaft seiner Kollegen rund um die >Schule von Barbizon. Und greift dank seinem neu erworbenen Wohlstand weniger erfolgreichen Freunden und jungen Künstlern unter die Arme. Von diesen wird er liebevoll «Papa Corot» genannt. Er unterrichtet zahlreiche Schüler, wie den späteren Impressionisten >Camille Pissarro oder auch die einzige Frau in der >Impressionistengruppe, >Berthe Morisot.

 

In seinen letzten Lebensjahren erkrankt der Künstler an Gicht, er gibt die Landschaftsmalerei auf und verlegt sich auf die Porträtmalerei, vor allem auf Frauenbildnisse.


Jean-Baptiste Camille Corot stirbt am 22. Februar 1875 in Ville d'Avray im Département Hauts-de-Seine in der Region Île-de-France. Er ruht auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise.

 

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Camille Corot (1796-1875).
Château Thierry, Gesamtansicht ohne

Turm von Saint-Crépin, 1856-63.

Sammlung Oskar Reinhart
«Am Römerholz», Winterthur.

 

 

 

 

 

 

gardasee

Camille Corot (1796-1875).
Bei Riva am Gardasee, 1834. Kunstmuseum
St. Gallen.

 

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Camille Corot (1796-1875). The Four Times of Day, 1858. National Gallery London.

 

florenz

Camille Corot (1796-1875). Die Boboli-Gärten, Florenz, 1835. Musée du Louvre Paris.

 

 

Vorreiter des Impressionismus?

 

Eigentlich gehört er ja eher in die Epoche der Romantiker und Realisten. Seine Landschaften verströmen keine Moderne. Im Gegenteil: Corot hält Modernes strikt von seinen Bildern fern:
Keine Industrie- oder Hafenanlagen
und keine Eisenbahnszenen. Viele seiner Landschafts-Kompositionen kommen in gut-akademischem Stil daher, weit weg vom Impressionismus.

 

Wieso also sehen heutige Kunsthistoriker Corot als Vorreiter der Impressionisten?

 

Der Hauptgrund für diese Rollenzuteilung dürfte Corots Vorliebe für das Malen im Freien sein. Er tut dies zu einer Zeit, als das noch keineswegs «in» ist. Und die «plein-air»-Malerei ist ein Charakteristikum des Impressionismus.

 

Zweitens seine Landschaftsdarstellungen. Sie nehmen einige impressionistische Stilmittel vorweg. In zahlreichen Studien untersucht Corot die Wirkung des Lichtes, wie es dann später die Impressionisten anwenden.

 

Drittens sind es die Impressionisten selbst, die Corot im Nachhinein als «Vorreiter» bezeichnen. Mehrere Künstler berufen sich auf ihn oder bezeichnen sich gar als seine Schüler. Darunter bekannte Impressionisten wie >Camille Pissarro, Eugène Boudin, >Berthe Morisot oder Barthélemy Menn.

 

Fazit: Man kann Corot allenfalls als Vorreiter oder Wegbereiter des Impressionismus bezeichnen – aber zum Impressionisten selbst fehlt ihm ein wesentliches Element: der schnelle, grobe Pinselstrich vor Ort. Dieser kommt bei Corot in seinen Ölskizzen vor, die er plein-air malt, nicht aber in seinen meist sorgfältig und detailliert ausgearbeiteten Gemälden, die im Atelier entstehen.

 

 

 

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Camille Corot (1796-1875). Le pont de Narni, 1826. Musée du Louvre Paris.

 

 

 

Schöne Erfolge am Salon de Paris

 

Viele seiner Kollegen versuchen es immer wieder – und werden abgelehnt. Nicht so Corot. Er bringt bereits sein erstes bedeutendes Werk, «Die Brücke von Narni», im Salon 1827 unter, da ist er noch in Italien unterwegs. Ab 1831 sind seine Arbeiten regelmässig im Salon zu sehen. Für eine «grosse Landschaft» des Waldes von Fontainebleau zeichnet man ihn sogar mit einer Medaille 2. Klasse aus. Diese eröffnet ihm das Recht, künftig seine Arbeiten am Salon auszustellen, ohne sie der Jury zur Genehmigung vorlegen zu müssen.

 

 

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Camille Corot (1796-1875). Diana surprised in her bath, 1836. Metropolitan Museum of Art New York.

 

 

Mythologisches und Biblisches

 

Die Salon-Jury hält besonders jene Landschaften für ausstellungswürdig, die mythologische oder biblische Themen abbilden. Und für speziell wertvoll werden sie angesehen, wenn sie mit Figuren angereichert sind.

 

Corot fertigt eine ganze Reihe von Gemälden, die diesen Anspruch erfüllen. Sie werden regelmässig am Salon ausgestellt und zeigen Themen wie «Hagar in der Wildnis» (ausgestellt am Salon 1835), Diana überrascht in ihrem Bad (Salon 1836), «Homer und die Schafhirten» (Salon 1845) oder «Christus im Olivengarten (Salon 1849).

 

 

 

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Camille Corot (1796-1875). Forêt de Fontainebleau, 1846. Museum of Fine Arts, Boston.

 

Aktiv in der Schule von Barbizon

 

Eigentlich ist es keine «Schule», sondern eher eine Malerkolonie. Gegründet wird sie in den 1830ern von Théodore Rousseau (1812-1867). In den Wäldern rund um Fontainebleau «erfinden» die Künstler, die sich von der akademischen Malerei abgrenzen wollen, die Landschaftsmalerei neu.

 

Sie nennen sie «paysage intime». Ihre Liebe gilt der Malerei in der freien Natur. Corot ist Mitglied dieser Kolonie, wie auch Gustave Courbet, Jean-François Millet, Charles-François Daubigny oder Jules Breton.

 

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Camille Corot (1796-1875). Interrupted Reading, 1870. Art Institute of Chicago.

 

 

Letzte Jahre: Frauenbildnisse

 

Zum Ende seines Lebens hin erkrankt Corot an Gicht und muss auf die Landschaftsmalerei im Freien verzichten.

 

Nun malt er in seinem Pariser Studio auch Porträts, vornehmlich von jungen Frauen, die ihm Modell standen. Irgendwie findet er solche Gemälde aber zu «privat», um sie auszustellen. Akte malt er nur sehr selten.

 

Er selbst bleibt ein Leben lang unverheiratet und hat keine Kinder.

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Fotos / Diashow

 

 

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