Ausstellung «Ensor-Picasso Maskeraden»

Kunst Museum Winterthur Reinhart, 13.3.-20.6.21

 

 

Maskeraden
von Ensor und Picasso


Ist es Zufall, dass das Kunst Museum Winterthur eine Ausstellung über Masken macht? Wohl eher nicht. Denn das Thema Masken ist in der heutigen Coronazeit allgegenwärtig.

 

 

plakat

 

 

Für den belgischen Künstler James Ensor (1860-1949) und den weltberühmten >Picasso waren die Masken aber kein Mittel zur Viren-Abwehr, sondern eine künstlerische Spielerei. Picasso kam über das Studium afrikanischer Masken zu diesem Motiv. Und baute Masken in unzählige seiner Werke ein, sogar in seine berühmtesten, >Demoiselles d'Avignon.

 

James Ensor (1860-1949)

 

ist dagegen der «Masken-Maler» schlechthin. Masken, Skelette und Totenköpfe sind seine Markenzeichen. Er wendet sie überall an, wo dies nur möglich ist: in gesellschaftlichen Szenen ebenso wie in biblischen.

 

Wer ist James Ensor? Er kommt 1860 in Ostende (Belgien) zur Welt. Sein Vater ist Engländer. Dieser versucht sein Glück in Amerika, wo er aber scheitert und zum Säufer wird. James Mutter betreibt derweil einen kleinen Laden für Geschenkartikel. Zum Verkaufsprogramm gehören auch Karnevalsmasken – und die werden im weiteren Leben von Ensor eine wichtige Rolle spielen.

 

Mit 16 besucht er die Akademie der Schönen Künste in Ostende. Danach studiert er in Brüssel an der Kunstakademie. Immerhin drei Jahre lang. Dann hat er genug vom Kopieren der grossen Meister und entwickelt seinen eigenen Stil. Natürlich mit Bildern von Masken und Maskierten. Und Totenköpfen. Und Skeletten. Diese Elemente ziehen sich wie ein roter Faden durch seine Werke. Er malt auch biblische Szenen. Allerdings wenig kirchentauglich, denn Ensor ist Atheist und verpasst seinen Werken oft bitterböse Szenen, wie zum Beispiel den Christus, der von zwei Teufeln in die Hölle geführt wird.

 

1881 hat er seine erste Ausstellung in Ostende. Ab 1883 macht er mit seinen Gemälden und Zeichnungen von Dämonen und Skeletten so viel Furore, dass man ihn schon bald mit Hieronymus Bosch vergleicht. Heute gilt er als Vertreter des Symbolismus. Er zeigt aber auch einen Hang zum Karikaturisten.

 

Den Höhepunkt seiner Popularität erreicht Ensor in den späten 1920er-Jahren, wo er an Ausstellungen in Paris und in Deutschland erfolgreich ist. 1929 erhält er vom Belgischen König Albert den Titel eines Barons.

 

Er stirbt am 19. November 1949 in Ostende und ist auch da beerdigt.

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)
James Ensor (1860-1949).

Pierrot et squelettes, 1907.

Priavatsammlung.

 

 

 

 

 

 

 

 

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1887-James Ensor (1860-1949). Le cortège infernal, 1887. Kunstmuseum Basel.

 

James Ensor (1860-1949): Der Höllenzug

 

Ein Frühwerk des Künstlers, der sich schon als junger Mensch mit den politischen und sozialen Ungerechtigkeiten befasst. Es zeigt eine absurde Prozession seltsamer Figuren mit tierischen Attributen – Vögel, Käfer –, angeführt von einer teuflischen Gestalt. Die Figuren sind mit Heugabeln und Kanonen bewaffnet und schlängeln sich eine Steigung hinauf.

 

Mit dabei ist auch ein Skelett – typisch für Ensor, der hier eine bedrohliche Szene aufbaut. Die Prozession wird durch eine Blasmusik angeheizt.

 

 

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Dämonen, die mich quälen, 1895. Kunst Museum Winterthur Reinhart.

 

Ensor und seine Dämonen

 

Diese Lithographie ist ein Entwurf für ein Plakat, das er für seine erste grosse Ausstellung in Paris entwirft. Sie findet 1898 im Salon de Cent statt, organisiert von der Zeitschrift La Plume.

 

Auf dem Plakat bildet er sich selbst ab, flankiert von dämonischen Ungeheuern, die seine vielen Kritiker verkörpern. Ab 1892 fühlt er sich als Künstler isoliert und als «Erneuerer der Kunst» verkannt. Er sieht sich als Märtyrer. Nun identifiziert er sich oft in der Gestalt von Jesus. In diesem Bild über den Hahn mit Heiligenschein, Symbol für die Auferstehung Christi.

 

 

 

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James Ensor (1860-1949). Die Teufel Dzitts und Hihahox geleiten Christus in die Hölle, 1895. Kunstmuseum Basel.

 

Christus, von Teufeln in die Hölle geführt.

 

Ensor bezeichnet sich als Atheist. Trotzdem kommen in seinen Werken immer wieder biblische Motive vor. Allerdings nicht in der klassischen Art, sondern meist mit kritischen Untertönen. In seiner Radierung von 1895 geht es um die Höllenfahrt Christi, die in der Bibel zwar nicht vorkommt, aber in apokryphen (=verborgenen) Schriften schon. In diesen wendet sich Christus den verdammten Seelen zu und reicht Adam und Eva die Hand, um sie aus der Hölle zu befreien. Ensor macht eine Farce daraus: Von dem einen Teufel wird Christus kumpelhaft umarmt, der andere (mit Szepter!) kündigt Christi Ankunft an – und Christus selbst grüsst ganz lässig-kollegial den thronenden Höllenfürsten.

 

 

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Die Masken und der Tod, 1898.

 

 

Die Masken und der Tod

 

Dieses Aquarell entsteht 1898 für die erste Ensor-Ausstellung im Ausland: in Paris im Salon de Cent von 1898. Es ist eine Allegorie von Karneval und Tod. Der Künstler verwendet den Totenschädel auch als Maske – schliesslich sieht er das Skelett als letzte Maske des Menschen. Für ihn ist das Leben nur ein Theaterstück, das die Menschen auf der Bühne der Welt spielen. Oder eben auch ein Karneval.

 

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James Ensor (1860-1949). La luxure (Die Lust), 1888.

 

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La colère (Der Zorn), 1904.

 

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L'envie (Der Neid), 1904.

 

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Der Stolz, 1904.

 

 

 

Die sieben Todsünden – als Karikaturen

 

Zwischen 1888 und 1904 fertigt Ensor eine Serie von kolorierten Zeichnungen zum Thema die «Sieben Laster» (auch sieben Todsünden genannt, definiert durch die katholische Kirche). Es sind kleine Formate, sie variieren in der Grösse zwischen 9x14 cm und 15x25 cm.

 

Alle sieben Werke sind in der Ausstellung zu sehen – Drucke, die in Auflagen von 50-100 Stück pro Thema auf den Markt gelangten.

 

Mit dem Thema haben sich schon Pieter Brueghel und Hieronymus Bosch beschäftigt.

 

 

>mehr über «die sieben Todsünden»

 

 

James Ensor geht das Thema mit bitterbösen Karikaturen an, die vor Gewalt, Schrecken und Abscheu nur so strotzen.

 

In jeder seiner Zeichnungen (Stolz, Geiz, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid, Faulheit) lässt er Teufel auffahren oder den Tod in Form von Skeletten mit Sense, oder seltsame tierische Kreaturen oder Dämonen. Den Menschen ist das Entsetzen in die Gesichter geschrieben.

 

 

   

 

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Pablo Picasso (1881-1973). Tête de fou ou L'arlequin, 1905. Kunst Museum Winterthur.

 

Picasso (1881-1973) und die Harlekine

 

Die Welt des Zirkus, der Gaukler und Harlekine spielt bei Picasso eine wichtige Rolle. Einige seiner Harlekine wurden sogar zu seinen berühmtesten Werken, wie der >sitzende Harlekin aus seiner Rosa Periode 1905-06. Das berühmte Bild ist heute im >Museum Berggruen in Berlin zu sehen.

 

Picasso hat aber Harlekine nicht nur gemalt, sondern auch als Skulpturen verarbeitet, wie das Beispiel in der Ausstellung in Winterthur zeigt. Zu sehen ist hier auch eine Reihe imposanter Zeichnungen aus dem Zirkusleben.

 

 

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Pablo Picasso (1881-1973). Buste de femme, Françoise, 1948. Kunst Museum Winterthur.

 

Die «Blumenfrau» Françoise

 

Eine ganz spezielle Form der Maskerade verwendet der grosse Meister für Abbildungen seiner Gemahlinnen und Geliebten. Am Anfang der Beziehungen malt er sie im schönsten Licht, gibt ihnen verliebte Titel wie «Blumenfrau» – aber wenn das Feuer langsam erlischt, dann bildet er sie hässlich verzerrt oder maskiert ab. Dieses Gemälde zeigt seine bildschöne >Françoise Gilot. Es ist die einzige seiner Lebenspartnerinnen, die es wagt, sich von ihm zu trennen und ihn – den grossen Meister – zu verlassen.

 

>mehr über Picassos Frauen

 

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Fotos / Diashow

 

 

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