Ausstellung «Wilhelm Leibl – Gut sehen ist alles!»

Kunsthaus Zürich vom 25.10.2019 - 19.1.2020

 

 

Wilhelm Leibl (1844-1900)


«Ich möchte mein Leben lang nichts als Porträts mit schönen Händen malen», soll Leibl mal gesagt haben. Und scheint seinem Lebenswunsch ziemlich nahe gekommen zu sein, denn in vielen seiner Bildnisse von Menschen kommen schöne Hände vor. Feingliedrige, rauhe, gepflegte, faltige – und alle mit Charakter. Gut, dass er diese Aussage machte und so den Blick der Betrachter auf die Hände lenkt. So bekommt man mit, dass der Künstler ein ganz spezielles Talent für die Darstellung von Händen besass.

 

Aber nicht nur für Hände. Auch die Gesichter seiner Figuren sind in ihrer Ausdrucksstärke und Natürlichkeit bemerkenswert. Wie sagte er doch dazu: «Man male den Menschen so wie er ist, da ist die Seele ohnehin dabei». Das hat man auch schon anders gehört. Von Künstlern, deren erklärtes Ziel es war, vor allem und nur die Seele abzubilden.

 

 

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Ausstellungsplakat mit dem Gemälde
« Mädchen mit weissem Kopftuch»,

1876-77. Neue Pinakothek München.

 

 

 

Die überwiegende Mehrheit der rund hundert Zeichnungen und Gemälde sind Porträts.
Sie stammen aus deutschen, österreichischen, ungarischen, tschechischen, US-amerikanischen und schweizerischen Museen.

 

Die Ausstellung im Kunsthaus Zürich ist eine
Kooperation mit der >Albertina in Wien.
Nach Abschluss der Zürcher Ausstellung
werden die Werke in Wien zu sehen sein.

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Wilhelm Leibl (1844-1900).

Die Dorfpolitiker, 1877.

Kunst Museum Winterthur Reinhart.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Wilhelm Leibl
(1844-1900).
Selbstbildnis mit 27 Jahren, 1871. Wallraf-Richarts-
Museum,
Köln.

 

Wilhelm Leibl: Selbstbildnis

 

Leibl kam 1844 in Köln zur Welt und zog dann als 20-jähriger nach München, wo er an der königlichen Akademie für Kunst sein Studium begann. Ab 1869 hatte er ein Atelier in München, das er mit anderen Künstlern teilte, darunter Johann Sperl, mit dem er ein Leben lang befreundet war.

 

Einer seiner grossen Vorbilder war der für realistische Malerei berühmte >Gustave Courbet. Auf dessen Einladung hin reiste er 1870 nach Paris und lernte dort auch die Werke von Edouard Manet kennen. 1892 wurde Leibl vom Bayrischen Prinzregenten Luitpold zum Professor ernannt, 1895 erhielt er auf der Grossen Berliner Kunstausstellung die Goldmedaille.

 

 

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Bildnis der Frau
Gedon, 1869.
Neue Pinakothek
München.

 

1869: Ein Frühwerk, das Aufsehen erregte

 

Er war erst 25 Jahre alt, als er dieses Porträt einer schwangeren Frau malte. Kritiker und Publikum waren begeistert. Und an der Internationalen Kunstausstellung München erregte er damit Aufsehen. Es heisst, sein Bild wäre eigentlich für eine Goldmedaille gut gewesen, er hätte diese aber nicht bekommen, weil Leibl noch Akademieschüler war. Das «Bildnis der Frau Gedon» (die Ehefrau des Bildhauers Lorenz Gedon, der auch ein Förderer Leibls war) brachte Leibl aber dennoch Glück:

 

Durch diese Arbeit lernte er nämlich Gustave Courbet kennen, der ihn nach Paris einlud. Ein Jahr später stellte Leibl das «Bildnis der Frau Gedon» im >Salon de Paris aus und erhielt dafür nicht nur grossartige Kritiken, sondern auch die Goldmedaille.

 

 

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Schäferszene nach Rubens, 1870. Neue Pinakothek München.

 

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Rubens, 1638.
Alte Pinakothek München.

 

 

1870: Wie Leibl Rubens interpretierte

 

Die «Schäferszene» von Peter Paul Rubens aus dem Jahr 1638 faszinierte Leibl. Er studierte sie in der Alten Pinakothek in München immer wieder. Da er keinen Auftrag für diese Kopie hatte, konnte er die Szene skizzenhaft angehen. Im Gegensatz zum akademischen Stil des grossen Flamen entschied er sich für einen schnellen Pinselstrich im Stil der Impressionisten, die damals gerade in Mode kamen.

 

Im Bildaufbau hielt er sich aber ziemlich genau an das Original. Sein Schäfer kommt etwas weniger kräftig daher, dafür dynamischer. Und die Frau, die bei Rubens ein eher lüstern-einladendes Lächeln zeigt, schwankt bei Leibl zwischen Abwehr und Wollust.

 

Interessant ist bei Leibls Gemälde, dass er sich nicht gross um die Ausarbeitung der Hände kümmerte, obwohl das Abbilden von Händen doch – nach seinen eigenen Worten – seine grosse Leidenschaft war.

 

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Kunst Museum Winterthur Reinhart.

 

1877: Die Dorfpolitiker

 

Das Bild mit den fünf Bauern wird als Hauptwerk des Künstlers aus seiner Zeit am Ammersee eingestuft. Es ist ein herausragendes Beispiel an Naturalismus und hatte seinen grössten Erfolg in der deutschen Abteilung der Weltausstellung in Paris 1878.

 

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Staatliche Kunsthalle Karlsruhe.

 

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1880: Das Mädchen mit der Nelke

 

Dieses Fragment stammt aus dem Gemälde «Das Mädchen mit der Nelke» von 1880. Im Original zeigte es eine junge oberbayrische Landsfrau in eleganter Miesbacher Tracht, samt Schmuck und Edelsteinen, die auf ihre höhere Herkunft und auf ihren Wohlstand verweisen.

 

Leibl stellte das Gemälde 1883 in Paris aus, es hatte aber beim Publikum nicht den erhofften Erfolg. Und offenbar fand auch der Künstler selbst sein Werk nicht so überwältigend – also entschloss er sich, es in vier Teile zu zerschneiden. Er hatte erkannt, dass ihm einzelne Teile besser geraten waren als das Ganze. Neben dem Fragment «Hand mit Nelke» ist in der Ausstellung auch noch der Kopf der jungen Frau zu sehen.

 

Im Fragment mit der Nelke lässt sich unschwer das Talent von Leibl erkennen, Hände realistisch und naturgetreu abzubilden.

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Fotos / Diashow

 

 

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