Ausstellung «Kunst vereint – 175 Jahre Kunstverein Schaffhausen». Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen.
25. November 2023 bis 14. April 2024.

 

 

Jubiläum 175 Jahre
Kunstverein Schaffhausen

 

Der Kunstverein Schaffhausen besteht seit 1848.

In diesem «berühmten Jahr» gibt sich die Schweiz ihre erste Bundesverfassung.

 

 

Ausstellungsplakat

 

 

1848 werden die Schaffhauser Mitglied des Schweizerischen Kunstvereins. Dieser fördert den Kunstbetrieb mit «Turnus-Ausstellungen», für die er Werke einkauft und über eine Lotterie an seine Sektionen abgibt. Die Schaffhauser Sammlung besitzt einige Werke, die über diese Lotterie «gewonnen» wurde. Das war ideal, denn für grössere Ankäufe fehlte lange das Geld. So wartete jeweils der Vorstand auf Bundesgelder, die aber nur alle sieben Jahre gesprochen wurden. Kein Wunder, dass die Sammlung nur langsam wuchs. Zudem hatten die «gesetzten Herren» des Vorstandes kein grosses Interesse an Werken von lebenden Künstlern, sie hielten vielmehr an «alter Kunst» fest.


1918 kam es dann zu einem Generationenwechsel.
Ein junger Lehrer namens Eugen Aellen wurde zum neuen Präsidenten gewählt – worauf die alten Vorstandsmitglieder das Feld räumten. Nun organisierte Aellen jährlich zwei bis vier Ausstellungen mit zeitgenössischer Kunst. Ab 1920 konnte man in Schaffhausen erstmals auch Werke von modernen Künstlern wie >Cuno Amiet bewundern. Aellens Nachfolger Fritz Rippmann ging noch weiter und richtete zwischen 1925 und 1935 sogar sechs bis acht jährliche Ausstellungen mit Gegenwartskunst aus.

 

Ein weiterer Wendepunkt war die Realisierung des Neubaus für ein Kunstmuseum im Kloster zu Allerheiligen im Jahr 1938. Architekt war der Churer Martin Risch. Nun übergab der Kunstverein seine Sammlung der Stadt Schaffhausen für das neue Museum.

 

 



Die Nachkriegsjahre wurden von einer grossen Schaffhauser Persönlichkeit geprägt – vom heute noch berühmten Stadtpräsidenten Walther Bringolf. Dieser organisierte Ausstellungen in Schaffhausern. Gezeigt wurden Meisterwerke altdeutscher Malerei, 1949 folgte sogar eine Rembrandt-Ausstellung. Bis 1959 musste der Kunstverein die Aufmerksamkeit des kunstinteressierten Publikums mit diesen alle zwei Jahre stattfindenden Grossprojekten teilen.


1996 nahm ein neuer Kurator seine Tätigkeit auf: Markus Stegmann. Dieser setzte stark auf Gegenwartskunst, baute die Infrastruktur der Kunstabteilung aus und schaffte es mit interessanten Ausstellungen, auch Kunstfreunde ausserhalb der Region anzulocken.

 

Bis heute wird das Angebot für die Vereinsmitglieder ständig ausgebaut. So gleiste man zum Beispiel das Projekt «Bildervermietung» auf: Mitglieder können Bilder aus dem Depot der Sammlung ausleihen und privat zuhause aufhängen. Alle zwei Jahre findet eine Leihaktion statt, die zusammen mit dem Museum zu Allerheiligen durchgeführt wird. Weiter im Angebot stehen Vereinsausflüge und Kunstreisen. Das neueste Engagement des Kunstvereins Schaffhausen gilt der Kunst im öffentlichen Raum.

 

 

Blick von der Festung Munot Schaffhausen
aufs Kloster – fünf Gehminuten zum Museum.

 

 

>mehr über das Museum zu Allerheiligen

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Johann Caspar Bosshardt (1823-1887).
Beim Alchimisten, 1877. Museum zu
Allerheiligen Schaffhausen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Alexander Trippel (1744-1793). Milon von Kroton, 1784. Museum zu Allerheiligen Schaffhausen.

 

 

Johannes Mettler (1821-1863). Mädchen mit Tamburin, 1848. Museum zu Allerheiligen Schaffhausen.

 

Zuerst nur «Alte Kunst» in der Sammlung

 

Bis zur Jahrhundertwende um 1900 war ein Vorstand am Werk, der sich vor allem für «alte Kunst» einsetzte – an modernen oder zeitgenössischen Werken von lebenden Künstlern war er nicht interessiert.

 

An Werken des 1793 verstorbenen Schaffhauser Bildhauers Alexander Trippel schon eher. Zumal diese Skulptur ein antikes Thema aufgreift. Sie zeigt Milon von Kroton im Kampf mit dem Löwen. Milon ist einer der berühmtesten Athleten der Antike. Er soll im 6. Jht v.Chr. in Kroton, dem heutigen Crotone in Kalabrien, gelebt haben. Die Anekdoten um ihn sind legendär und fantastisch. Für sein Training soll er regelmässig ein Kalb auf seinen Schultern getragen haben und so stark geworden sein, dass er das Tier auch noch heben konnte, als es zum Stier herangewachsen war. Den Stier soll er auf seinen Schultern durch das Stadion von Olympia getragen, ihn geschlachtet und an einem Tag verzehrt haben...

 

Das Mädchen mit dem Tamburin entstand 1848, also im Jahr der Gründung des Kunstvereins. Ein paar Jahre später gewann es der Verein an einer Lotterie, und das kam so:

 

Ab 1850 organisierte der Schweizerische Kunstverein regelmässig so genannte «Turnus-Ausstellungen. Für diese Ausstellungen kaufte der Verein Kunstwerke ein und organisierte dann eine Lotterie. Die Schaffhauser Sektion erwarb auch Lose – und hatte Glück.


 

August Weckesser (1821-1899). Dorfbrand im Sabinergebirge, 1862. Museum zu Allerheiligen Schaffhausen.

 

 

 

 

Augenzeuge einer Katastrophe?

 

Das grossformatige Gemälde von August Weckesser nimmt Bezug auf eine Brandkatastrophe, die sich 1859 im Dorf Camerata (in der Nähe Roms) abspielte. Der Winterthurer Künstler war offenbar zugegen und erstellte vor Ort Skizzen des Geschehens. Diese verarbeitete er dann zuhause im Atelier. Für Zeitgenossen muss es den Charakter einer Reportage gehabt haben.

 

Das Werk geriet zur Sensation und galt lange als wichtigstes Werk der Sammlung. Der Kunstverein verlieh es 1873 sogar an die Weltausstellung in Wien und 1883 an die erste Landesausstellung in Zürich.

 

 

Johann Caspar Bosshardt
(1823-1887). Beim Alchimisten, 1877. Detail. Museum zu Allerheiligen Schaffhausen.

 

Louis Frédéric Rouge (1867-1950). Frühling, 1893. Museum zu Allerheiligen Schaffhausen.

 

 

Ambiance und Realismus in Ankers Stil

 

Johann Caspar Bosshardt stammt aus Pfäffikon ZH und machte sich einen Namen als Historienmaler. Seine Ausbildung erhielt er an der Kunstakademie in Düsseldorf. Rund vierzig Jahre lang arbeitete er in München. Dort entstand 1847 sein erstes grosses Bild mit historischem Hintergrund: «Bürgermeister Hans Waldmanns Abschied von seinen Mitgefangenen».

 

Das stimmungsvolle Bild «Beim Alchimisten» fertigte er dreissig Jahre später. Es beeindruckt durch eine dramatische Lichtführung und durch feinste realistische Details.

 

Auch «Frühling» von Louis Frédéric Rouge ist ein echter Hingucker. Im Stil erinnert das Werk an den Realismus eines Albert Anker. Es zeigt eine junge Frau, die verträumt mit einem Maikäfer spielt.

 

Rouge stammt aus Aigle. Seine Ausbildung erhielt er an der Kunstgewerbeschule in Basel und an der >Academie Julian in Paris. Ab 1903 lebte und arbeitete er in Ollon. Er entwarf auch Glasbilder für Kirchen und gestaltete Plakate und Weinetiketten.

 

 

 

ab 1918: Die Sammlung wird mit zeitgenössicher Kunst angereichert

 

Paul Basilius Barth (1881-1955). Die Fremdenlegionäre, 1915-17. Bundesamt für Kultur, Bern.

 

Willy Quidort (1898-1978). Badende, 1927. Museum zu Allerheiligen Schaffhausen.

 

 

1918: Junger Lehrer sorgt für frischen Wind

 

1918 wurde die alte Garde der Vorstandsmitglieder abgelöst. Jene Herren, die sich vor allem für «alte Kunst» stark gemacht hatten, traten geschlossen zurück, als der junge Lehrer Eugen Aellen zum Präsidenten des Schaffhauser Kunstvereins gewählt worden war.

 

Unter dem neuen Präsidenten fand nicht nur ein Generationenwechsel statt, auch die Ausrichtung der Sammlung änderte sich: Moderne Kunst, die bis anhin unerwünscht war, wurde ins Zentrum gerückt. Eugen Aellen führte eine Weihnachts-Ausstellung ein und organisierte jährlich zwei bis vier Ausstellungen mit zeitgenössischer Kunst.

 

Sein Nachfolger Fritz Rippmann ging noch einen Schritt weiter und richtete in den neuen Räumen im Konvikt an der Klosterstrasse zwischen 1925 und 1935 jährlich sogar sechs bis acht Gegenwartskunst-Ausstellungen aus. So kam das Schaffhauser Kunstpublikum in den Genuss moderner Werke aus der Hand von Schweizer Künstlern wie Cuno Amiet, Félix Vallotton, Ferdinand Hodler und weiteren.

 

 

>mehr über die Sammlung im Museum
zu Allerheiligen Schaffhausen

 

Werner Schaad (1905-1979). Metamorphose im Raum, 1930. Kunstverein Schaffhausen.

 

Max Gubler (1898-1973). Max und Maria Gubler mit Katze, 1954. Kunstverein Schaffhausen.

 

 

 

1938: Die Sammlung erhält ihr Museum

 

Die Stadt Schaffhausen begann schon 1921, sich mit einem Kunstmuseum zu befassen. Schliesslich fand man in der ehemaligen Klosteranlage zu Allerheiligen den passenden Ort. Der Churer Architekt Martin Risch wurde mit dem Neu- und Umbau beauftragt. Dieser schuf bis 1938 ein Zuhause für die Kunstsammlung.

 

Nach dem Krieg, ab 1947, wagte man mit spektakulären Ausstellungen den Sprung vom Heimatmuseum in die Kunstwelt der internationalen Häuser. Nun gab es Werke von ganz Grossen zu sehen: Tizian, Rembrandt, Munch.

 

Das «Spiel mit den grossen Namen» war zwar spannend, hatte aber auf Dauer keine Zukunft, denn die Kosten dafür stiegen ins Unermessliche. Also besann man sich zurück auf lokale Themen.

 

1991 kam es zur bisher letzten inhaltlichen Erweiterung des Museums – und zwar für die archäologische Sammlung. Die Kollektion von Marcel Ebnöther kam dazu, die hochkarätige Kunstobjekte der europäisch-vorderasiatischen Antike und der präkolumbischen Kulturen enthält.

 

 

 

 

Fotogalerie Sammlung Schaffhausen

 

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zu Allerheiligen Schaffhausen