Ausstellung «Sammlung Bührle –
Eine Zukunft für die Vergangenheit»

Kunsthaus Zürich. November 2023 bis Ende 2024.

 

Kunstsammlung Emil Bührle –
heiss geliebt, heiss umstritten


Als Emil Bührle 1956 stirbt, hinterlässt er in seiner Sammlung 633 Kunstwerke. Seine Erben überführen etwa einen Drittel davon in die Stiftung «Sammlung
E.G. Bührle». Über 200 Werke gelangen 2021 als Dauerleihgabe in den brandneuen Erweiterungsbau des Kunsthauses Zürich, den >Chipperfieldbau. Es ist eine Weltklassesammlung, die das Kunsthaus Zürich in die Liga grosser europäischer Museen katapultiert.

 

Aber es gibt kritische Stimmen. Weil einige der Werke einst Eigentum von Opfern der NS-Verfolgung waren.
Weil auf Bührles Vergangenheit als Waffenfabrikant immer noch ein Schatten liegt. Nun stellt sich das Kunsthaus Zürich diesen kritischen Stimmen und geht in die Offensive. Mit einer Ausstellung, wie es sie noch nie gegeben hat.

 

 

 

 

 

Einzigartig an dieser Ausstellung ist, dass sie nicht die Werke oder deren Erschaffer in den Vordergrund stellt, sondern deren ehemalige Besitzer. Wer waren sie? Unter welchen Umständen verkauften sie die Bilder? Mussten sie unter Zwang verkaufen? Enthält die Sammlung «Raubkunst» oder Werke mit ungeklärter Provenienz?


 

Was ist Provenienzforschung?

 

Ihre Aufgabe ist es herauszufinden, von wem, wann und unter welchen Umständen Kunstwerke gekauft und weiterverkauft wurden. Dabei stehen jene Werke unter besonderer Beobachtung, die während der Nazi-Zeit (1933-1945) ihre Besitzer wechselten. Es sind hoch komplexe Forschungen. Die Ausstellung zeigt anhand verschiedener Beispiele, wie kompliziert die Umstände und die Nachforschungen sind.

 

 

Edouard Manet (1832-1883).
La Sultane, 1871. Sammlung Bührle.

 


Als eines der komplexen Beispiele präsentiert die Ausstellung das Gemälde «La Sultane» des französischen Malers >Édouard Manet aus dem Jahr 1871.

 

Das Bild gehörte einst Max Silberberg (1878-1942), einem jüdischen Unternehmer in Breslau (damals Deutschland, heute Wroclaw, Polen). Silberberg war Kunstliebhaber und besass eine Sammlung von rund 250 Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen. Er gehörte in den 1930er-Jahren in Berlin zu den vier bedeutendsten Kunstsammlern.


Das Gemälde «La Sultane» befand sich ab 1928 im Eigentum von Max Silberberg. Als Folge der Weltwirtschaftskrise war er 1932 gezwungen, in Paris einen Teil seiner französischen Werke zu verkaufen – nicht jedoch «La Sultane».

 

Die Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 veränderte die Lebensumstände der jüdischen Bevölkerung grundlegend. Die diskriminierenden Massnahmen und die zu entrichtenden Steuern liessen die Familie Silberberg verarmen. Nun war sie gezwungen, weitere Teile der Kunstsammlung zu veräussern.

 

Einige Gemälde wurden von den Nazis beschlagnahmt. Max Silberberg musste seine Villa an die SS verkaufen, seine Firma wurde zwangsliquidiert. Er und seine Frau Johanna wurden 1942 von den Nazis deportiert und in einem Konzentrationslager – Theresienstadt oder Auschwitz – ermordet. Ihr Sohn Alfred konnte 1939 mit seiner Frau Gerta nach England fliehen.


Und was war mit dem Gemälde «La Sultane»? Es kam bereits vor der Machtergreifung der Nazis 1933 in der Pariser Galerie Paul Rosenberg unter. 1937 kaufte es dann Rosenberg für 17'800 US-Dollar von Max Silberberg und verschiffte es 1939 nach New York.

 

Als dann die Deutschen 1940 in Paris einmarschierten, musste auch Paul Rosenberg, ebenfalls Jude, aus Frankreich flüchten und gelangte noch im gleichen Jahr in die USA, wo er seine Galerie weiter führte.

 

1953, also acht Jahre nach dem Krieg, erwarb Emil Bührle das Bild vom Galeristen Paul Rosenberg in New York und bezahlte dafür 58'500 US-Dollar.

 

Nun stellen sich den Provenienzforschern komplexe Fragen. Musste der ursprüngliche Besitzer, also Max Silberberg, das Bild infolge der Nazi-Judenverfolgungen unter Zwang verkaufen? Oder handelt es sich um einen ganz normalen Verkauf eines Kunstwerkes?

 

Einfacher wäre die Sachlage, wenn das Gemälde
«La Sultane» zu jenen Werken gehört hätte, die Max Silberberg infolge der Weltwirtschaftskrise 1932 aus seiner Sammlung verkaufen musste. Da wäre dann kein Verkaufszwang durch die Nazi-Judenverfolgungen im Spiel, sondern nur ein wirtschaftlicher.

 

Es sind enorm komplexe Fragen. Die Provenienzforscher, die sich mit solch heiklen Fällen befassen müssen, sind wahrlich nicht zu beneiden.

 

 

Wie geht es weiter?

 

Eine neutrale, professionelle Untersuchung soll
schlüssige Antworten auf solche Fragen liefern. Die Zürcher Kunstgesellschaft, die Stadt und der Kanton Zürich haben nun einen «Runden Tisch» unter der Leitung des Rechtswissenschafters und Uni-Professors Felix Uhlmann einberufen.

 

Dieser beauftragte 2023 den Historiker Raphael Gross mit der unabhängigen Überprüfung der Provenienzforschung der Bührle-Stiftung. Gross ist Präsident des Deutschen Historischen Museums und seit 2016 Mitglied der deutschen «Beratenden Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz».

 

Raphael Gross' Schlussbericht wird im Sommer 2024 erwartet und soll auch an der Ausstellung «Sammlung Bührle – eine Zukunft für die Vergangenheit» präsentiert werden, die noch bis Ende 2024 läuft.

 

 

 

>mehr über Bührle und das Kunsthaus Zürich

 

>mehr über Bührle als Waffenproduzent

 

>mehr über die Stiftung Bührle

 

>mehr über die Bührle-Sammlung

 

 

Emil Bührle in seinem Haus an der
Zollikerstrasse 172 in Zürich. Foto
Dmitri Kessel©LIFE magazine.

 

 

Paul Cézanne (1839-1906). La Montagne
Sainte-Victoire, 1902-06. Kunsthaus Zürich.

Erworben mit einem Beitrag von Emil Bührle.

 

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Claude Monet (1840-1926).

Le bassin aux nymphéas avec iris,

1914-22. Sammlung Bührle, Kunsthaus Zürich

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Emil Bührle (1890-1956) um 1924. Bürgerrechts-Urkunde von 1937. Fotoquelle: www.buehrle.ch

 

 

Die berühmte
20mm-Oerlikon-Fliegerabwehr-
kanone auf dem Flugzeugträger
USS Enterprise

 

Emil Bührle, der Waffenfabrikant

 

In die Schweiz kommt er 1924, um Geschäftsführer der Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon zu werden. Aber schon bald entpuppt er sich als cleverer Unternehmer und übernimmt die Firma. Nun nennt er sie Oerlikon Bührle & Co. Diese produziert in der Folge ein Flugabwehrgeschütz, das Weltruhm erlangt. Es wird noch vor dem Zweiten Weltkrieg nach England und Frankreich exportiert.

 

Im Krieg dann, ab 1940, darf Bührle nur noch nach Nazi-Deutschland exportieren. Heute mag man den Kopf darüber schütteln – aber dies geschieht auf Verlangen der Schweizer Regierung. Und zwar aus politischem Kalkül: Man will Hitler keinen Anlass bieten, die Schweiz zu attackieren. Die Rechnung geht auf – wie wir heute wissen – und die Schweiz bleibt vom Krieg verschont. Bei den Alliierten kommt das schlecht an, man setzt die Schweiz auf eine schwarze Liste.

 

 

>mehr über Bührle als Waffenfabrikant

 

 

 

Auguste Rodin 
(1840-1917).
La Porte de l'enfer (das Höllentor), 1880-1917. Kunsthaus Zürich.

 

 

Erweiterungsbau des Kunsthauses 1958: Bührle-Saal.

 

 

 

Claude Monet (1840-1926).
Le bassin aux nymphéas avec iris, 1914-22. Kunsthaus Zürich.

 

 

 

 

Sammler Bührle und das Kunsthaus Zürich

 

1937 wird Bührle Schweizer Bürger und macht mit seinen Waffengeschäften viel Geld. Das ermöglicht ihm, eine Kunstsammlung aufzubauen, die bis zum Kriegsende rund 200 Werke umfasst. Nach dem Krieg baut Bührle seine Sammlung um weitere 400 Werke aus, viele aus der französischen Moderne.

 

Zum Kunsthaus Zürich hat er einen guten Draht und wird 1940 Mitglied der Sammlungskommission.

 

Er ist ein wichtiger Gönner und schenkt dem Kunsthaus berühmte Werke wie Claude Monets Seerosen oder Rodins Höllentor oder das Bild Montagne Sainte-Victoire von Paul Cézanne.

 

Er spendet Millionen für einen Erweiterungsbau, in dem grosse Ausstellungen möglich werden: Den Bührle-Saal. Dieser kann allerdings erst 1958 eröffnet werden – also erst nach Bührles Tod 1956. Ziemlich peinlich mutet an, dass das Kunsthaus Zürich – aus Angst vor Kritikern – nach der Eröffnung des Chipperfieldbaus 2021 den Bührle-Saal umbenennt. Jetzt heisst er nur noch «grosser Ausstellungssaal».

 

Trotz all seiner Verdienste ist das Verhältnis zwischen Bührle und Kunsthaus nie ein richtig entspanntes – sein Image als Waffenfabrikant begleitet ihn ständig, bis heute. Auch fast 70 Jahre nach seinem Tod 1956 werden sein Werdegang und die Beschaffung seiner Kunstsammlung noch immer kritisiert.

 

Um hängige Fragen zu klären, betreibt das Kunsthaus schon seit Jahren Provenienzforschung. Diese untersucht die Besitzverhältnisse von Kunstwerken zurück bis zu deren Entstehung. Im besonderen Fokus stehen jene Werke, die in den Jahren der Naziherrschaft unter Adolf Hitler (1933-1945) den Besitzer wechselten. Nun werden die Forschungen des Kunsthauses nochmals unter die Lupe genommen – unter professioneller, neutraler Leitung. Ein erster

Bericht wird im Sommer 2024 erwartet.

 

 

>mehr über Bührle und das Kunsthaus Zürich

 

 

 

 

Wie hat Bührle die Kunstwerke erworben?

 

Die Ausstellung «Sammlung Bührle – eine Zukunft für die Vergangenheit» zeigt anhand von konkreten Beispielen,
wem die Werke ursprünglich gehörten und

unter welchen Umständen sie erworben wurden.

 

 

 

Pierre-Auguste Renoir (1841-1919). La Petite Irène, 1880. Sammlung Bührle, Kunsthaus Zürich.

 

Letzte Besitzerin vor Bührle ist die Gräfin Irène Sampieri, die für das Porträt Modell stand.

 

Die dramatische Geschichte eines Bildes

 

Renoir erhält den Auftrag für dieses Porträt der «Petite Irène» von deren Mutter Louise Cahen d'Anvers und malt es 1880. Die porträtierte Irène heiratet 1891 den jüdischen Bankier Moïse de Camondo und bekommt zwei Kinder. Später heiratet sie den Adligen Carlo Sampieri und nimmt dessen Namen an.

 

Ihre Tochter Béatrice aus erster Ehe (de Camondo) heiratet 1919 den jüdischen Komponisten und Kunstsammler Léon Reinach. Ihre Grossmutter Louise (also die Auftraggeberin des Werkes) schenkt ihr das Gemälde 1933.

 

Als die Nazis 1940 Frankreich besetzen, werden die Reinachs wegen ihrer jüdischen Herkunft verfolgt. Das Gemälde wird 1941 beschlagnahmt und gerät in die Raubsammlung von Hermann Göring, dem Reichsminister und Chef der Luftwaffe. 1942 wird die ganze Familie Reinach (Vater Léon, Mutter Béatrice und die beiden Kinder) verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Dort werden alle vier ermordet.

 

Nach der deutschen Kapitulation im Mai 1945 finden die Alliierten das Bild in Berlin und übergeben es der rechtmässigen Besitzerin: Gräfin Irène Sampieri – ja, genau, Renoirs Modell für dieses Porträt, la petite Irène. 1949 kauft Emil Bührle das wunderschöne Porträt – direkt von der Gräfin Irène Sampieri.

 

 

 

Paul Cézanne (1839-1906). Landschaft, 1879. Sammlung Bührle, Kunsthaus Zürich.

 

Ursprünglich im Besitz von Berthold und Martha Nothmann.

 

Paul Cézanne: In New York erworben

 

Berthold Nothmann wird als Generaldirektor der Oberschlesischen Stahlwerke vermögend und leistet sich eine Kunstsammlung. Nach seiner Pensionierung 1931 zieht er mit seiner Frau Martha nach Berlin. Dort lebt das Ehepaar bis kurz vor dem Krieg 1939, entschliesst sich dann aber zur Flucht nach London.

 

Um die «Reichsfluchtsteuer» und die «Juden-vermögensabgabe» aufbringen zu können, verkaufen Nothmanns einen Teil ihrer Sammlung, einige Werke nehmen sie ins Exil mit und leben in London von deren Erlösen. Berthold Nothmann verstirbt 1942 in London, Martha Nothmann geht in die USA.

 

Nothmanns Gemälde Cézanne «Landschaft» kommt 1947 in den New Yorker Kunsthandel. Emil Bührle erwirbt es vom deutsch/schweizerischen Kunsthändler Fritz Nathan. Nun stellt sich die Frage: Handelt es sich hier um einen so genannten «NS-verfolgungsbedingten Entzug»? Die Umstände, die zum Verkauf geführt haben, sprechen dafür, der Verkaufsort New York und das Verkaufsjahr 1947 (also nach dem Krieg) dagegen. Die Abklärungen laufen.

 

 

Camille Corot (1796-1875). Das lesende Mädchen, 1845-50. Sammlung Bührle, Kunsthaus Zürich.

 

Galerist Paul Rosenberg.
 

 

 

Camille Corot: Zweimal gekauft

 

Das «Lesende Mädchen» von Camille Corot kam 1939 in den Besitz des Galeristen Paul Rosenberg. Er floh 1940 in die USA und baute dort seine Galerie wieder auf. Die in Europa verbliebenen Werke wurden 1941 von den Nazis beschlagnahmt und gingen an den Luzerner Galeristen Theodor Fischer, von dem Bührle sie 1942 erwarb.

 

Rosenberg reichte nach dem Krieg bei der Raubgutkammer beim Schweizer Bundesgericht Klage ein und bekam Recht. 1948 restituierte Emil Bührle das Gemälde. Kurz danach einigte er sich mit Paul Rosenberg auf einen Neukauf.

 

1951 forderte Bührle vom Galeristen Fischer in einer Regressklage den Betrag zurück, den er beim ersten Erwerb der Werke bezahlt hatte. Das Bundesgericht gab der Forderung statt. Es entschied, dass Bührle beim Kauf gutgläubig gehandelt habe. Das Urteil ist aber bis heute umstritten, weil es heisst, Bührle hätte 1942 von der systematischen Beraubung der jüdischen Sammler wissen müssen.

 

 

Vincent van Gogh (1853-1890). Der alte Turm, 1884. Sammlung Bührle, Kunsthaus Zürich.

 

Kunsthändler und Galerist Walter Feilchenfeldt und Marianne Breslauer.

 

 

Henri de Toulouse-Lautrec (1864-1901). Georges-Henri Manuel, 1891. Sammlung Bührle, Kunsthaus Zürich.

 

Gemälde als Lebensretter

 

Der Kunsthändler Walter Feilchenfeldt war seit 1919 im Kunstsalon von Paul Cassirer in Berlin tätig. Nach dessen Tod 1926 übernahm er die Leitung der Galerie. 1933 flüchtete er nach Amsterdam, wo er die dortige Filiale des Cassirer-Kunstsalons aktivierte. 1936 heiratete er Marianne Breslauer. Das Ehepaar hielt sich bei Beginn des Krieges 1939 in der Schweiz auf und konnte nicht in die Niederlande zurückkehren.


Der alte Turm von Vincent van Gogh war von Feilchenfeldt noch vor dem Krieg in die Sohweiz ausgelagert worden. 1942 erwarb es der Kunsthändler Fritz Nathan für 12'000 Franken. Drei Jahre später verkaufte er es für 20'000 Franken an Emil Bührle.

 

Auch das Porträt des Georges-Henri Manuel von Henri de Toulouse-Lautrec war seit 1930 im Bestand von Cassirers Galerie. Kurz nach der Machtübernahme der Nazis brachte Feilchenfeldt es in die Schweiz, wo es im Kunsthaus Zürich ausgestellt wurde.

 

Als Feilchenfeldt 1942 das Geld ausging, gab er es Fritz Nathan zum Verkauf. Bührle kaufte es für 45'000 Franken, Feilchenfeldt erhielt 42'000 Franken. Sein Sohn Walter Feilchenfeldt (geb. 1939) bezeichnet heute den Verkauf als «ordnungsgemäss» und als «wichtige Voraussetzung für das Überleben» seiner Familie in den Kriegsjahren.

 

 

 

Claude Monet (1840-1926). Mohnblumenfeld bei Vétheuil, 1879. Sammlung Bührle, Kunsthaus Zürich.
 
Max (1874-1940) und Hans Erich Emden (1911-2001).

 

 

 

Regulärer Verkauf oder Zwangslage?


Max Emden war ein Hamburger Textilhändler, der das«Mohnfeld bei Vétheuil» von Claude Monet um 1928 herum kaufte. Ein Jahr zuvor hatte Emden im Tessin die Brissago-Inseln erworben (!), liess sich darauf eine Villa bauen und überführte seine Kunstsammlung in die Schweiz. Als die Weltwirtschaftskrise von 1929 ausbrach, verlor Emden einen grossen Teil seines Vermögens und musste Werke seiner Kunstsammlung veräussern.


Sein Sohn Hans Erich Emden erbte 1940 sowohl die Brissago-Inseln als auch das Gemälde von Monet. Aufgrund der antisemitischen Rassengesetze entzog die NS-Regierung Emden das deutsche Bürgerrecht. Er flüchtete 1941 nach Chile. Vor seiner Flucht hatte er über den in St. Gallen tätigen Kunsthändler
Fritz Nathan das Monet-Gemälde für 35'000 Franken an Emil Bührle verkauft.

 

War das nun eine «klassische Liquidierung» des väterlichen Nachlasses? Oder musste Emden das Werk zur Finanzierung seiner Flucht nach Chile veräussern? Lässt sich das schlüssig beantworten?


 

Edouard Manet (1832-1883). La Toilette, 1879. Sammlung Bührle, Kunsthaus Zürich.

 

 

Edgar Degas (1834-1917). Danseuses au foyer, 1889. Sammlung Bührle, Kunsthaus Zürich.

 

Edgar Degas (1834-1917). Madame Camus au piano, 1869. Sammlung Bührle, Kunsthaus Zürich.

 

 

Gütliche Einigung mit den Erben


Der in Wien geborene Alphonse Kann (1870-1948), Sohn einer jüdischen Bankiersfamilie, wuchs in Paris auf, verkehrte in Künstlerkreisen und baute sich eine Sammlung auf.

 

Als die Nazis im Aufwind waren, flüchtete Kann 1938 nach London, wo er die britische Staatsbürgerschaft erhielt. 1941 beschlagnahmte die Rauborganisation der Nazis 1800 Werke aus Kanns Haus bei Paris.

1941 und 1942 gelangten «Die Toilette» von
Édouard Manet und Edgar Degas' «Tänzerinnen im Foyer» sowie «Madame Camus am Klavier» in die Luzerner Galerie von Theodor Fischer. Emil Bührle erwarb sie dort für 35'000 bzw. 65'000 und 120'000 Franken.

 

Kann reichte nach 1945 vor der Raubgutkammer beim Schweizer Bundesgericht Klage ein und bekam Recht. 1948 restituierte Bührle die drei Gemälde an Alphonse Kann, zwei Monate vor dessen Tod.

 

Kanns Erben einigten sich Anfang 1951 auf den erneuten Verkauf der Werke an Bührle, der sie für 24'000 Britische Pfund (rund 290'000 Franken) erwarb.

 

Bührle forderte seinerseits 1951 von Fischer in einer Regressklage den Betrag zurück, den er für die Werke bezahlt hatte. Das Bundesgericht gab der Forderung statt und entschied, dass Bührle beim Kauf gutgläubig gehandelt habe.

 

Dieses Urteil ist zwar (moralisch) umstritten, dürfte aber auf die Eigentumsfrage wohl keinen Einfluss haben, denn durch den erneuten, zweiten Kauf von den Erben im Jahr 1951 gehören die Werke zweifelsfei der Bührle-Stiftung.

 

 

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Werke in der Ausstellunh 2024

 

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